Geisterhaftes Leuchten: Forschende haben aufgeklärt, welche Moleküle hinter dem meist rosarot fluoreszierenden Fell einiger Säugetiere stecken – und dabei Überraschendes festgestellt. Denn das durch UV-Strahlung angeregte Leuchten geht auf potenziell giftige Stoffwechselprodukte zurück, die bei fast allen Säugern anfallen. Damit könnte die Fellfluoreszenz ein bloßer Nebeneffekt der Entsorgung solcher Porphyrine sein – eine ökologische Bedeutung hält das Team hingegen für eher unwahrscheinlich.
Ob Opossum, Igel, Gleithörnchen oder Schnabeltier: In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass eine Biofluoreszenz nicht nur bei Fischen oder Reptilien vorkommt, sondern sogar bei Säugetieren. Wird ihr Fell von ultraviolettem Licht angestrahlt, senden angeregte Moleküle in Haaren oder Stacheln Licht im sichtbaren Bereich aus – sie beginnen grünlich, blau oder rosa zu leuchten. Diese Photolumineszenz scheint vor allem bei nachtaktiven Säugern vorzukommen, weshalb vermutet wurde, dass sie als visuelle Signale an Paarungspartner oder Rivalen dienen.
Chemische Spurensuche bei Hörnchen, Igel und Co
Allerdings: „Unser Verständnis der möglichen ökologischen Funktion ist bislang sehr oberflächlich und auch die chemische Basis dieser Photolumineszenz ist kaum erforscht“, erklären Séverine Toussaint von der Humboldt Universität Berlin und ihre Kollegen. So war beispielsweise unklar, welche Moleküle genau die Fluoreszenz erzeugen und ob die bei Anregung leuchtenden Substanzen vom Tier selbst produziert werden oder womöglich von auf dem Fell sitzenden Bakterien.
Toussaint und ihr Team haben daher Fellproben von Schnabeltieren, Opossums, Igeln, Wieseln und Flughörnchen mithilfe von Multispektralaufnahmen und spektrometrischen Analysen noch einmal genauer untersucht. Dabei zeigte sich vor allem an den Igelstacheln, dass die Leuchtmoleküle nicht außen, sondern im Innenraum der Stacheln sitzen – was außen sitzende Bakterien als Quelle ausschließt. Stattdessen müssen die fluoreszierenden Moleküle von den Tieren selbst produziert worden sein.
Fluoreszierende Abbauprodukte
Dies bestätigten auch die spektrometrischen Analysen. Denn sie ergaben, dass es sich bei den fluoreszierenden Substanzen in Fell und Stacheln um verschiedene Porphyrine handelt. Diese photoreaktiven Biomoleküle sind unter anderem am Aufbau des Hämoglobinmoleküls der roten Blutkörperchen beteiligt und fallen daher in den Zellen und Organen aller Säugetiere und vieler weitere Tiergruppen an.
Die Fluoreszenzmoleküle sind zudem nicht nur ein durchaus gängiges Stoffwechselprodukt von Säugetieren, sie lassen sich auch in Fell und Stacheln von Säugern nachweisen, die nur sehr entfernt miteinander verwandt sind, wie die Analysen bestätigten. Nach Ansicht von Toussaint und ihren Kollegen legt dies nahe, dass es noch weit mehr Säugetiere geben könnte, deren Fell bei Bestrahlung mit UV-Licht fluoresziert.
Haarige Entsorgung
Doch warum lagern Igel, Hörnchen und Co die Porphyrine ausgerechnet im Fell ein? Und wozu dient das dadurch verursachte Fluoreszieren? Von Porphyrinen ist bekannt, dass sie zwar im Stoffwechsel ständig anfallen, aber in höherer Konzentration schädlich werden können – vor allem wenn sie in der Haut mit Licht in Kontakt kommen. Damit sich die Porphyrine nicht anreichern, müssen sie daher ausgeschieden werden – normalerweise geschieht dies über den Kot.
Doch wenn dies nicht reicht, könnten einige Säugetiere einen zusätzlichen Weg nutzen, um die Porphyrine loszuwerden: Sie lagern sie in das Material ihrer Haare ein. „Das könnte verhindern, dass sich diese Moleküle in lebendem Gewebe wie der Haut anreichern“, erklären Toussaint und ihr Team. Die Fluoreszenz im Fell von Hörnchen, Schnabeltieren und Igeln wäre demnach eher eine Art Nebeneffekt dieser Porphyrin-Entsorgung.
Nebeneffekt statt ökologischem Nutzen?
Nach Ansicht der Forschenden ist es zudem eher unwahrscheinlich, dass die fluoreszierenden Felle eine ökologische Funktion erfüllen, wie von einigen Wissenschaftler postuliert. Der Grund: Die Felle von Hörnchen, Igel und Co leuchten den Tests zufolge nur dann, wenn sie mit relativ konzentriertem UV-Licht bestrahlt werden. „Es ist daher fraglich, ob natürliche UV-Quellen, beispielsweise in der Dämmerung, ausreichen um eine wahrnehmbare UV-Photolumineszenz auszulösen“, sagen Toussaint und ihre Kollegen.
Das mach es unwahrscheinlich, dass diese Fluoreszenz sich eigens zum Zweck der visuellen Kommunikation oder der Tarnung entwickelt habe, so das Team. Auch die Tatsache, dass dieses Leuchten bisher nur bei nachtaktiven Tieren entdeckt wurde, könnte einen eher prosaischen als ökologischen Grund haben: Porphyrine zersetzen sich unter Lichteinfall relativ schnell.
Daher ist es den Forschenden zufolge durchaus wahrscheinlich, dass auch tagaktive Säugetiere diese Moleküle in ihrem Fell einlagern. Weil sie aber unter dem Einfluss des Sonnenlichts schnell wieder abgebaut werden, ist bei diesen Tieren kein Leuchten mehr feststellbar. Ob dies tatsächlich so ist, müssen nun weitere Untersuchungen zeigen. (Integrative Zoology, 2022; doi: 10.1111/1749-4877.12655)
Quelle: Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung