Geowissen

Neues Hydrothermalfeld im Nordmeer entdeckt

Schwarze Raucher und heiße Quellen an Nahtstelle zwischen Grönland und Spitzbergen

Black Smoker
Temperaturmessung in der Ausstromöffnung eines Schwarzen Rauchers – er ist Teil des neu entdeckten Hydrothermalfelds zwischen Grönland und Spitzbergen. © MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

Spannender Fund: Eine Forschungsexpedition hat zwischen Grönland und Spitzbergen ein großes Hydrothermalfeld entdeckt – ein Tiefsee-Areal voller unterseeischer heißer Quellen und Schlote. Neben Schwarzen Rauchern finden sich dort auch Quellen mit weißlichen Ausfällungen sowie Hügel aus mineralischen Ablagerungen. Besonders interessant ist, dass dieses Hydrothermalfeld am Knipovich-Rücken liegt, einer Nahtstelle der Erdkruste, an der sich die Platten nur sehr langsam auseinander bewegen.

Hydrothermale Quellen sind Geysire am Meeresgrund. Aus diesen Schloten steigt heißes, mineralreiches Wasser auf und bildet warme, nährstoffreiche Oasen des Lebens in der kargen Tiefsee. Urzeitliche Hydrothermalfelder könnten sogar die Wiege des Lebens für die allerersten irdischen Zellen gewesen sein. Typischerweise liegen Schwarze Raucher und andere Arten von hydrothermalen Schloten an mittelozeanischen Rücken und anderen Spreizungszonen der Erdkruste.

„Wie aus einem Ofenrohr“

Ein neues Hydrothermalfeld hat jetzt ein Forschungsteam unter Leitung von Gerhard Bohrmann vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen im Nordmeer entdeckt. Die unterseeischen Schlote liegen am Knipovich-Rücken, einer Spreizungszone zwischen Grönland und Spitzbergen. „Nach Hinweisen in der Wassersäule auf hydrothermale Aktivität haben wir mit dem Tauchroboter MARUM-QUEST den Ozeanboden abgesucht“, berichtet Bohrman.

„Die Freude war riesig, als wir einen aktiven Schwarzen Raucher entdeckten“, so der Forscher weiter. „Wie aus einem Ofenrohr schoss die über 300 Grad Celsius heiße, metallhaltige Flüssigkeit heraus und wandelte sich in eine schwarze Wolke um, deren Ausbreitung wir mit dem Tauchroboter nicht mehr überblicken konnten.“ Wie sich zeigte, ist der in rund 3.000 Meter Tiefe liegende aktive Schlot Teil eines größeren Hydrothermalfelds von mindestens einem Kilometer Länge und etwa 200 Meter Breite.

Aktive Schlote an langsamer Nahtstelle

„Solche hydrothermalen Quellen des Meeresbodens waren am Knipovich-Rücken bisher völlig unbekannt, obwohl schon mehrfach danach gesucht wurde“, erklärt Bohrmann. Die 500 Kilometer lange Spreizungszone ist Teil der Nahtstelle zwischen der Nordamerikanischen und Eurasischen Erdplatte. Zusammen mit dem 2008 südwestlich von Spitzbergen entdeckten Hydrothermalfeld „Lokis Schloss“ gehören die neuentdeckten Schlote zu den nördlichsten bisher bekannten. Sie liegen auf bei 77°20‘ Nord.

Yggrdrasil
An dieser unterseeischen heißen Quelle zeigt das austretende Fluid ein helles Schimmern. Das komplexe Gebilde erhielt den Namen Yggdrasil. © MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

Interessant ist das Feld am Knipovich-Rücken aber noch aus einem anderen Grund: „Das Besondere sind die extrem geringen Spreizungsraten von nur 1,4 Zentimetern pro Jahr. Neuer Meeresboden entsteht hier also nur sehr langsam“, erklärt Bohrmann. „Eine hydrothermale Zirkulation könnte daher anders verlaufen als an normal oder schnell spreizenden Plattengrenzen.“ Das Innenleben einer solchen langsamen Nahtstelle haben Forschende 2019 erstmals mittels Leitfähigkeitsmessungen erkundet.

Yggdrasil und Jøtul

Schon jetzt zeigten die ersten Erkundungen, dass die zahlreichen Quellaustritte des neuentdeckten Hydrothermalfelds sehr unterschiedlich sind. So wurden warme, im Scheinwerferlicht des Roboters schimmernde Fluidaustritte gefunden, die mit weißen Ausfällungen, Mikrobenflocken und -filamenten und vielen kleinen Organismen assoziiert sind. Andere Quellaustritte haben zu massiven chemischen Ausfällungen geführt und bilden zum Teil mehrere meterhohe Hügel am Meeresboden.

Einen besonders diversen Quellaustritt mit zahlreichen Kaminen und überstehenden Flanschen haben die Forschenden in Absprache mit ihren norwegischen Kollegen „Yggdrasil“ getauft, nach dem Lebensbaum in der nordischen Mythologie. „Bei einem solchen Neufund so weit im Norden wollten wir bei der Benennung Namen aus dem nordischen Kulturkreis nutzen“, erklärt Bohrmann. Das gesamte Feld wurde „Jøtul Hydrothermalfeld“ getauft, nach einem im Gebirge lebenden Riesen der nordischen Mythologie.

In etwa zwei Jahren wollen die Wissenschaftler des MARUM zum Knipovich-Rücken zurückkehren, um während einer Expedition das neu entdeckte Jøtul-Hydrothermalfeld genauer zu untersuchen. Bis dahin werden die Expeditionsteilnehmer die bisher gesammelten Daten auswerten und publizieren.

Quelle: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen

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