Physik

Einsteins Äquivalenzprinzip erneut bestätigt

Satelliten-Experiment misst Reaktion von Massen auf Gravitation so genau wie nie zuvor

Äquivalenzprinzip
Das schwache Äquivalenzprinzip bildet einen Grundpfeiler von Einsteins Relativitätstheorie. Seine Gültigkeit hat das Satellitenexperiment MICROSCOPE jetzt mit bisher unerreichter Präzision überprüft. © ONERA

Test im All: Das physikalische Grundprinzip der schwachen Äquivalenz hat seinen bisher strengsten Test bestanden – und damit Einsteins Relativitätstheorie erneut bestätigt. Das Satelliten-Experiment MICROSCOPE überprüfte, ob die Gravitation auf zwei unterschiedliche Testmassen gleich wirkt. Die Gültigkeit des Äquivalenzprinzips wurde dabei erstmals bis auf 10-15 genau bestätigt. Dies engt auch den Raum für Erweiterungen der Relativitätstheorie stark ein, wie Physiker berichten.

Galileo Galilei beobachtete es, Isaac Newton formulierte es aus und Albert Einstein machte es zu einem Grundpfeiler seiner Allgemeinen Relativitätstheorie: Das Prinzip der schwachen Äquivalenz besagt, dass Gravitation und Beschleunigungen in Abwesenheit anderer Kräfte auf alle Objekte gleich wirken – unabhängig von deren Masse und Zusammensetzung. Dadurch fallen beispielsweise eine Feder und eine Bleikugel im Vakuum gleich schnell.

Die Gültigkeit dieses Äquivalenzprinzips wurde schon in vielen Experimenten überprüft und bestätigt, darunter Falltests in Laboren und der Erdumlaufbahn und auch Lasermessungen des Mondabstands. Um jedoch Abweichungen durch neuartige quantenphysikalische Effekte oder noch unentdeckte Teilchen auszuschließen, ist eine extrem hohe Präzision solcher Tests nötig.

MICROSCOPE-Satellit
Der MICROSCOPE-Satellit enthält Testmassen, deren Reaktion auf die Gravitation gemessen wird. © ONERA

Schwebende Zylinder als Testobjekte

Jetzt liegt die bisher präziseste Überprüfung des Äquivalenzprinzips vor. Sie beruhen auf einem Experiment an Bord des Mikrosatelliten MICROSCOPE, der die Erde von 2016 bis 2018 auf einer sonnensynchronen, niedrigen Umlaufbahn umkreiste. Für den Test der schwachen Äquivalenz hielten elektrostatische Kräfte zwei Paare von Testmassen in der Schwebe. Extrem sensible Beschleunigungssensoren registrierten jede Bewegung der Testmassen.

Ein Testmassen-Paar bestand aus zwei gleichschweren, gleichgroßen Zylindern einer schweren Platin-Rhodium-Legierung und diente als Referenz. Beim zweiten Paar war eine dieser Testmassen gegen einen leichteren Titan-Aluminium-Zylinder ausgetauscht. Wenn nun der Satellit seine Orientierung zur Erde und damit zum Gravitationsfeld des Planeten verändert, wirkt sich dies auf die Testmassen aus. Weicht dabei die Reaktion der ungleichen Testmassen voneinander und von der Referenz ab, stellt dies einen Bruch des Äquivalenzprinzips dar.

Bereits 2017 hatte das Team um Missionsleiter Pierre Touboul vom Forschungszentrum ONERA in Paris erste Ergebnisse des Satelliten-Experiments veröffentlicht, die das Äquivalenzprinzip mit einer Präzision von 10-14 bestätigten.

Äquivalenz erneut bestätigt

Inzwischen haben die Physiker alle zweieinhalb Jahre an Daten des MICROSCOPE-Experiments ausgewertet und auch mögliche Fehlerquellen und Unsicherheitsfaktoren umfassend analysiert. Das Ergebnis: „Wir haben keine Verletzung des schwachen Äquivalenzprinzips gefunden und setzen damit die bisher strengsten Grenzen für dessen Gültigkeit“, berichten Touboul und sein Team. Ihre Tests erreichten eine Präzision von 10-15.

Dadurch schließt diese Überprüfung des Äquivalenzprinzips auch Abweichungen von diesem Aspekt der Relativitätstheorie bis zu diesem Niveau aus. „Wir haben damit auch neue und bessere Begrenzungen für jede künftige Theorie aufgestellt“, sagt Koautor Gilles Métris vom Côte d’Azur Observatory. Denn wenn es noch unbekannte Teilchen oder Kräfte gibt, die Abweichungen vom Äquivalenzprinzip verursachen, dann können sich ihre Effekte nur noch außerhalb der jetzt gesteckten Grenzen zeigen.

Limits für „neue Physik“

Relevanz hat dies beispielsweise für die Suche nach den Teilchen der Dunklen Materie oder nach auf großen Skalen wirkenden Interaktionen. „Gleichzeitig ebnet das MICROSCOPE-Experiment den Weg zu neuen, noch ehrgeizigeren Tests des Äquivalenzprinzips im Weltall“, erklärt das Team. „Allerdings erwarten wir in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten keine weitere Verbesserung der Präzision solcher Tests.“ (Physical Review Letters, 2022; doi: 10.1103/PhysRevLett.129.121102)

Quelle: American Physical Society

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