Mit dem Einschlag der DART-Sonde auf dem Asteroidenmond Dimorphos und den Beobachtungen der unmittelbaren Auswirkungen ist die Ablenkungs-Mission noch nicht zu Ende – es gibt noch ein Nachspiel.
HERA: Spurensuche vor Ort
Im Jahr 2024 wird die europäische Raumsonde HERA zum Didymos-System starten und es im Jahr 2026 erreichen. Sie soll die Folgen der kinetischen Deflektion erstmals mit wissenschaftlichen Instrumenten vor Ort untersuchen. Die mit einem LIDAR-Messystem, einer Kamera und einem im mittleren Infrarot arbeitenden Scanner ausgerüstete HERA-Sonde wird die Oberflächen-Topografie von Dimorphos dafür bis auf zehn Meter genau abtasten und den Einschlagskrater und weitere möglicherweise durch die Kollision verursachte Oberflächenveränderungen untersuchen.
Noch wichtiger jedoch: HERA wird erstmals genauere Daten dazu liefern, wie stark die DART-Sonde ihr Zielobjekt abgelenkt hat. Anders als die irdischen Teleskope kann sie Rotation, Masse und Orbit von Dimorphos und Didymos direkt messen. Dies geschieht unter anderem dadurch, dass die HERA-Sonde mithilfe ihres Lasers das winzige Taumeln detektiert, das die Schwerkraft des kleinen Mondes bei seinem Mutterasteroiden erzeugt. Zusätzlich wird sie einige nahe Vorbeiflüge an Dimorphos durchführen und dabei Radiosignale zur Erde funkten. Dort kann das Bodenteam messen, ob und wie stark die Schwerkraft des Asteroidenmonds die Signale verändert hat und auch daraus seine Masse abschätzen.
Milani: Woraus bestehen Didymos und Dimorphos?
Die HERA-Sonde ist jedoch nicht allein, sondern bringt zwei Begleiter mit – zwei CubeSats, die mit zusätzlichen Instrumenten ausgerüstet sind und ergänzende Messungen durchführen werden. Der Minisatellit Milani wird die chemische und mineralische Zusammensetzung von Dimorphos und Didymos mithilfe einer Hyperspektral-Kamera und eines Spektrometers analysieren.
„Dadurch können wir auch Abweichungen in der Oberflächenzusammensetzung erfassen, beispielsweise durch den DART-Krater und seinen Auswurf, und dies mit bekannten Meteoriten und Mineralen abgleichen“, erklärt Tomas Kohout von der Universität Helsinki. Zusätzlich hat Milani ein speziell für Staubpartikel von fünf bis zehn Mikrometer Durchmesser ausgelegtes Analysegerät an Bord. Mit ihm kann er den beim Einschlag ausgeschleuderten Staub untersuchen und so Aufschluss auch über die Beschaffenheit des Asteroiden unter der Oberfläche geben.
Juventas: Erster Radarblick in das Innere eines Asteroiden
Der zweite CubeSat der HERA-Mission, Juventas, ist auf das Innenleben der beiden Asteroiden aus. Er hat das kleinste je ins All geschickte Radarsystem an Bord – eine miniaturisierte Version des Radarinstruments, mit dem die ESA-Kometensonde Rosetta ihren Zielkometen 67P/Churyumov–Gerasimenko durchleuchtet hat. Die gleiche Aufgabe soll nun das Radarsystem von Juventas bei Didymos und Dimorphos übernehmen. Dafür fährt er vier 1,50 Meter lange, rechtwinklig zueinander stehende Radarantennen aus, die zirkulär polarisierte Radarwellen aussenden. Die vom Asteroiden und seinem Innenleben zurückreflektierten Signale werden parallel dazu eingefangen und ausgelesen.
Während dieser Messungen wird der kleine Radarsatellit dem Asteroiden bis auf weniger als drei Kilometer nahekommen und so langsam fliegen, dass er trotz der relativ schwachen Leistung des Radars hochauflösende Daten sammeln kann. „Juventas wird die allererste Radardurchleuchtung eines Asteroiden durchführen“, sagt Alain Hérique von der Université Grenoble Alpes. „Das wird uns eine ganz neue Dimension unseres Wissens geben. Denn was wir auf der Oberfläche sehen, ist nicht repräsentativ für das Innere.“
Entscheidend für die künftige Asteroidenabwehr ist dabei vor allem die Frage, ob Dimorphos aus massivem, dichtem Gestein besteht oder ein nur lose zusammengefügter „Geröllhaufen“ ist. Auch diese Information, gekoppelt mit den Messungen der beim Impakt erzielten Ablenkung, hilft Wissenschaftlern dabei, die Modelle und Berechnungen für künftige Abwehrmissionen dieser Art zu präzisieren und falls nötig zu korrigieren.