Astronomie

Ein Exoplanet mit Deuterium-Fusion

130 Lichtjahre entfernter Gasriese liegt genau auf der Grenze zum Braunen Zwerg

Brauner Zwerg
Astronomen haben einen Exoplaneten entdeckt, in dessen Inneren offenbar ein Deuterium-Fusion abläuft - ähnlich wie bei einem Braunen Zwerg. © NASA/ESA/JPL

Planetarer Grenzgänger: Astronomen haben einen Exoplaneten entdeckt, der genau auf der Grenze zwischen Planet und Stern liegt. Der rund 130 Lichtjahre entfernte Planet ist knapp 13-mal so schwer wie Jupiter und hat vorwiegend planetare Merkmale. Gleichzeitig deutet seine Leuchtkraft jedoch darauf hin, dass in seinem Inneren schon eine Deuterium-Fusion stattfindet. Damit liefert dieser Exoplanet wertvolle Einblicke in die Physik und mögliche Entstehung solcher Grenzgänger zwischen Stern und Planet.

Braune Zwerge sind Grenzgänger unter den Himmelskörpern. Denn sie sind zu groß und warm für Planeten, aber zu massearm, um durch die Wasserstofffusion zu echten Sternen zu werden. Gängiger Definition nach liegt die Grenze zwischen Planet und Braunem Zwerg bei rund 13 Jupitermassen – dem Massenbereich, ab dem eine Deuterium-Fusion im Inneren möglich ist.

Doch gerade in diesem Übergangsbereich ist die Abgrenzung oft schwierig: Astronomen haben schon einige Objekte entdeckt, die genau auf der Grenze zwischen Planet und Braunem Zwerg liegen und Merkmale von beiden zeigen. Das wirft die Frage auf, ob Braune Zwerge nur zu groß geratene Planeten sind, die auch ähnlich wie diese entstehen, oder ob es sich doch um „gescheiterte“ Sterne handelt.

Ein Brauner Zwerg – und ein Planet

Eine Antwort darauf könnte nun ein ungewöhnliches Sternsystem liefern, das Astronomen um Sasha Hinkley von der University of Exeter untersucht haben. Im Zentrum steht der rund 130 Lichtjahre entfernte Stern HD206893, der rund ein Drittel größer ist als unsere Sonne. Er wird von dem schon 2017 entdeckten Braunen Zwerg HD206893B umkreist, der rund 28 Jupitermassen schwer ist. Der Braune Zwerg benötigt rund 26 Jahre für einen Umlauf, sein Orbit liegt 9,6 astronomische Einheiten vom Stern entfernt.

Jetzt haben Hinkley und sein Team noch einen Himmelskörper in diesem System entdeckt. Sie detektierten sein Signal, als sie Beobachtungsdaten des Very Large Telescope (VLT) in Chile zu diesem System auswerteten. Den Daten zufolge handelt es sich um einen großen, etwa zwölf bis 13 Jupitermassen schweren Exoplaneten. Dieser HD206893c getaufte Planet umkreist seinen Stern im Abstand von rund 3,5 astronomischen Einheiten und damit deutlich weiter innen als der Braune Zwerg.

Damit bietet dieses System eine spannende Kombination: „Es ist eines der ersten direkt abgebildeten Planetensysteme, die sowohl einen Exoplaneten als auch einen Braunen Zwerg umfassen“, erklären die Astronomen.

Ein planetarer Gasriese mit Deuterium-Fusion?

Hinzu kommt, dass der neu entdeckte Exoplanet fast genau auf der Grenze zwischen beiden Arten von Himmelskörpern liegt. Seine Masse liegt genau in dem Bereich, der als Untergrenze für die Deuterium-Fusion gilt. Nähere Analysen unter anderem mithilfe des HARPS-Spektrografen am VLT enthüllten zudem, dass der Planet HD206893c für seine Größe und Entfernung zum Stern ungewöhnlich hell leuchtet. Seine Leuchtkraft ist fast so hoch wie die des gut doppelt so schweren Braunen Zwergs, wie Hinkley und seine Kollegen feststellten.

Aber warum? Nach Angaben der Astronomen liegt dies am wahrscheinlichsten daran, dass der Exoplanet eine interne Energiequelle besitzt: Im Inneren dieses großen, heißen Gasriesen könnte bereits eine Deuterium-Fusion ablaufen. Der Planet ist demnach nicht nur von seiner Masse her an der Grenze zum Braunen Zwerg, auch sein Inneres zeigt bereits stellare Merkmale. Beide Trabanten des Sterns HD206893 sind sich damit trotz ihrer unterschiedlichen Masse und Natur sehr ähnlich.

Das gemeinsame Vorkommen dieser beiden Himmelskörper könnte damit wertvolle Informationen über die Entstehung solcher Grenzgänger liefern. „Beide entstanden wahrscheinlich aus derselben protoplanetaren Scheibe“, so das Team. „Solche Hybride sind daher ideale Systeme, um verschiedene mögliche Bildungswege zu untersuchen.“ (241st meeting of the American Astronomical Society, 2023; arXiv: 2208.04867)

Quelle: University of Exeter

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