Erstaunliche Symmetrie: Aus dem All betrachtet erscheinen Nord- und Südhalbkugel fast gleich hell und reflektieren etwa gleichviel Sonnenlicht – obwohl der Süden wegen der vielen dunklen Ozeanflächen eigentlich eine geringere Albedo haben müsste. Was dahintersteckt, haben nun Forscher genauer aufgeschlüsselt. Demnach fördern die auf der Südhalbkugel dominierenden Meere stärkere und häufigere Tiefdruckwirbel. Dies erzeugt mehr Wolken, die die Südhalbkugel aufhellen.
Kontinente und Ozeane sind auf der Erde ungleich verteilt: 68 Prozent aller irdischen Landflächen liegen auf der Nordhalbkugel. Dadurch liegt der Meeresanteil auf der Nordhalbkugel bei 60 Prozent, auf der Südhalbkugel aber bei mehr als 80 Prozent. Diese Asymmetrie hat Folgen für viele irdische Stoffkreisläufe, sowie für Atmosphäre und Klima. Eine davon: Die dunkle Meeresoberfläche weniger Sonnenlicht als die im Schnitt helleren Landflächen. Aus dem All betrachtet müsste die Südhalbkugel daher deutlich dunkler erscheinen als der globale Norden.
Fast identische Albedo
Doch als Wissenschaftler in den 1970er Jahren die Daten der ersten Wettersatelliten auswerteten, stellten sie überrascht fest, dass dies nicht so ist: Beide Hemisphären reflektieren im Schnitt fast genauso viel Sonnenlicht, ihre Albedo unterscheidet sich nur um 0,1 Prozent. „Diese Symmetrie ist Teil einer ganzen Klasse von hemisphärischen Auffälligkeiten, darunter beispielsweise die Tatsache, dass es auf beiden Halbkugeln etwa gleichviel regnet“, erklären Or Hadas vom Weizmann Institute of Science in Israel und seine Kollegen. „Angesichts der großen Unterschiede in der Kontinentverteilung sind diese Symmetrien erstaunlich.“
Als Hauptgrund für diese Symmetrien gilt die Wolkenverteilung: Rekonstruiert man die Albedo der unbewölkten Erde in Modellen, hat die Südhalbkugel tatsächlich eine um rund zehn Prozent geringere Albedo. Strittig war jedoch bisher, ob die ozeandominierte Südhalbkugel tatsächlich stärker bewölkt ist als der globale Norden. Um dies zu klären, haben Hadas und sein Team nun globale Wetterdaten von den 1950er Jahren bis heute ausgewertet und diese in Bezug zu großräumigen Wettermustern und der atmosphärischen Zirkulation gesetzt.
Stürme sind der entscheidende Faktor
Die Analysen enthüllten: Auf der Südhalbkugel gibt es tatsächlich mehr Wolken und der Grund dafür sind die stärkeren und länger anhaltenden Sturmtiefs über den Meeren. „Durch die größere Ozeanfläche absorbiert die Südhalbkugel mehr Sonnenstrahlung, gleichzeitig macht sie dies stürmischer“, erklären die Forschenden. Ihren Analysen zufolge haben stärkere Zyklone und Antizyklone eine höhere Albedo, weil sie mehr helle, niedrige Wolken erzeugen.
„Wir finden einen starken Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Stürme in der mittleren Breiten und der Wolken-Albedo“, so Hadas und seine Kollegen. „Stürme sind demnach offenbar der verbindende Faktor zwischen der Helligkeit der Erdoberfläche und der der Wolken.“ Konkret stellten sie fest: Auf der Nordhalbkugel verlieren Stürme schnell an Größe und Intensität, sobald sie über das Land hinwegziehen. Weil die Meere zudem weniger ausgedehnt sind, entwickeln sich dort auch weniger besonders ausgedehnte Sturmsysteme.
Mehr starke Sturmtiefs im Süden
Als Folge davon sind schwache und starke Sturmtiefs auf der Erde ungleich verteilt: Schwache Zyklone sind auf der Nordhalbkugel häufiger – im analysierten Datensatz lag das Verhältnis bei 350 im Norden zu 240 im Süden. „Mittlere und starke Zyklone sind dagegen auf der Südhalbkugel häufiger (520 zu 360) und kommen über den Kontinenten des Nordens nur selten vor“, berichten Hadas und sein Team.
Diese Ungleichverteilung der Stürme wirkt sich wiederum auf die Albedo aus: Auf der Südhalbkugel sind weite Teile der dunklen Meeresoberfläche von hellen Sturmwolken verhüllt, die mehr Licht ins All zurückwerfen. Dies gleicht die höhere Albedo der hellen Landmassen auf der Nordhalbkugel aus. „Damit klären unsere Ergebnisse eine grundlegende Frage und vertiefen unser Verständnis der irdischen Strahlenbilanz und ihrer Einflussfaktoren“, sagt Hadas‘ Kollege Yohai Kaspi. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2022; doi: 10.1073/pnas.2208778)
Quelle: Weizmann Institute of Science