Fernerkundung

Europa: Erste Blitzüberwachung aus dem All

Europäischer Satelliten-Blitzsensor sendet erste Daten aus dem Testbetrieb

MTG-Satellit
Europa hat jetzt erstmals einen satellitengestützten Blitzsensor, der das Gewittergeschehen aus der geostationären Umlaufbahn beobachtet. © ESA/Mlabspace, CC-by-sa 3.0 IGO

Gewittererfassung aus dem Orbit: In Zukunft überwacht erstmals ein Satelliteninstrument die Blitzaktivität über Europa und Afrika. Der „Lightning Imager“ an Bord des neuen Wettersatelliten MTG-I1 hat jetzt seine ersten Daten gesendet. Er zeichnet mithilfe von vier Kameras kontinuierlich die Lichtblitze über dem Kontinent auf und ermöglicht so eine bessere Vorhersage und Überwachung schwerer Gewitter und Gewitterstürme. Denn diese kündigen sich oft durch abrupte Veränderungen der Blitzaktivität an.

Satelliten sind für die Wettervorhersage unverzichtbar: Von der geostationären Umlaufbahn aus überblicken sie weite Teile der Erdoberfläche und Atmosphäre und liefern so wichtige Daten zu Wolken und Luftmassenfronten. Neuen Zuwachs erhielt die europäische Wettervorhersage dafür im Dezember 2022: den von EUMETSAT und der europäischen Weltraumagentur ESA betriebenen Meteosat Third Generation Imager-1 (MTG-I1) Satelliten. Er sendete im Mai 2023 das bisher schärfste Bild der Erde und ihrer Atmosphäre.

Blitze aus dem Orbit
Erstes Testbild des Blitzsensors von MTG-I1. © EUMETSAT

Tausend Bilder pro Sekunde – Tag und Nacht

Jetzt ist auch das zweite wichtige Erdbeobachtungsinstrument des MTG-I1-Satelliten in Betrieb gegangen: der Lightning Imager. Das von der italienischen Firma Leonardo gebaute Instrument ist das erste seiner Art in Europa. „Der Lightning Imager verfügt über vier Kameras und jede von ihnen kann 1.000 Bilder pro Sekunde aufzeichnen, tags wie nachts. So kann selbst ein einzelner Blitzschlag erkannt werden, der mit dem bloßen Auge kaum wahrnehmbar ist“, erklärt Guia Pastorini, Engineering Manager des Leonardo-Projekts für den Lightning Imager.

Dank spezieller Algorithmen werden die Daten noch an Bord verarbeitet, sodass nur relevante Informationen zur Erde übertragen werden. Die erzeugten Daten werden dann von der Eumetsat-Bodenstation unter anderem an die Wetterdienste der europäischen Mitgliedsstaaten weitergegeben, aber auch an Wetterdienste in Afrika und in anderen Regionen, in denen die Genauigkeit der Blitzerkennung mittels Bodenmessungen begrenzt ist.

84 Prozent der Erdoberfläche im Blick

Der seit Juni 2023 im Testbetrieb laufende Blitzsensor hat nun die ersten vorläufigen Daten übermittelt – und demonstriert seine Fähigkeit, Gewitter in hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung zu verfolgen. „Die Videos machen deutlich, dass das Instrument in der Lage ist, Blitzaktivitäten über den gesamten Sichtbereich der Kameras, der 84 Prozent der Erdscheibe abdeckt, präzise und effektiv zu erkennen“, sagt Simonetta Cheli, Direktorin für Erdbeobachtungsprogramme der ESA.

Die in den ersten Videos genutzten vorläufigen Daten wurden mit niedrigerer Empfindlichkeitseinstellung gewonnen als es später der Fall sein wird. Denn der Wettersatellit und seine Instrumente sind noch in der Inbetriebnahme-Phase, in der die Instrumente kalibriert und die Daten validiert werden. Ab 2024 werden die Daten des Lightning Imagers in voller Qualität zum Einsatz kommen.

Blitzaktivität über Europa. Noch sind diese vorläufigen Daten in niedriger Auflösung, im echten Betrieb wird die Auflösung höher.© EUMETSAT/ESA

Hilfe bei der Vorhersage schwerer Stürme

Meteorologen versprechen sich von den neuen Blitzmessungen bedeutende Fortschritte bei der Vorhersage schwerer Stürme. „Schweren Stürmen gehen oft abrupte Veränderungen der Blitzaktivität voraus. Durch die Beobachtung dieser Aktivitätsveränderungen geben die Lightning-Imager-Daten den Meteorologen zusätzliche Sicherheit bei der Vorhersage von schweren Unwettern“, erklärt Phil Evans, Generaldirektor von Eumetsat.

„Wenn diese Daten in Verbindung mit den hochauflösenden Daten des Flexible Combined Imager verwendet werden, können die Meteorologen die Entwicklung schwerer Stürme besser verfolgen und haben eine längere Vorlaufzeit, um Behörden und Gemeinden zu warnen“, so Evans weiter. Gleichzeitig wird der Lightning Imager auch eine wichtige Rolle für die Sicherheit im Luftverkehr spielen, da Blitze ein hohes Risiko für die Bordinstrumente von Flugzeugen darstellen.

Der Meteosat Third Generation Imager ist der Erste von insgesamt sechs Satelliten des MTG-Systems, das in den nächsten 20 Jahren wichtige Daten für die kurzfristige und frühzeitige Erkennung potenziell extremer Wetterereignisse liefern wird. Die Mission besteht im Vollbetrieb aus zwei MTG-I-Satelliten und einem MTG-Sondierungssatelliten (MTG-S), die im Tandem arbeiten.

Quelle: ESA, EUMETSAT

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