Plastik-Atem: Mit der Luft atmen wir immer häufiger auch Mikro- und Nanoplastik ein. Wo im Körper diese eingeatmeten Plastikpartikel landen, hängt unter anderem von unserer Atemgeschwindigkeit ab, wie Wissenschaftler nun herausgefunden haben. Demnach befördert langsames Atmen die Partikel tief hinein in die Lunge, während schnelles Atmen eine Anreicherung in den oberen Atemwegen begünstigt. Doch auch die Größe und Form der gesundheitsgefährdenden Partikel spielen eine entscheidende Rolle.
Ob Gehirn, Leber, Niere oder Milz: Mikroplastik wurde bereits in zahlreichen Geweben unseres Körpers nachgewiesen. Wir nehmen die meist nur wenige Mikrometer großen Plastikpartikel mit dem Essen und Trinken auf, aber auch mit der Atemluft. Einmal in unseren Atemwegen abgelagert, begünstigt das Plastik dann zum Beispiel Asthma und Kurzatmigkeit (Dyspnoe). Doch wie genau die Ablagerung in Lunge und Co. funktioniert und was über die Endhaltestelle eines Plastikpartikels entscheidet, ist noch unklar.
Auf der Spur der Plastik-Depots
Forschende um Xinlei Huang von der University of Technology in Sydney haben daher nun erstmals eine Computersimulation durchgeführt, mit der sie die Wege des Mikroplastiks von der Atemluft bis in den Köper nachverfolgen konnten. Dafür erstellten sie zunächst ein originalgetreues digitales Modell eines menschlichen Atemtraktes und ließen dieses unter verschiedenen Bedingungen belastete Luft einatmen.
Unter anderem testeten Huang und seine Kollegen so, welche Rolle die Form und Größe der eingeatmeten Partikel spielen. Die simulierte Bandbreite reichte dabei von einem Nanometer bis hin zu 100 Mikrometer Durchmesser. Auch untersuchte das Team, inwiefern eine schnelle beziehungsweise langsame Atmung darüber entscheidet, wo in den Atemwegen sich die Partikel anreichern.
Joggen verändert Mikroplastik-Ablagerung
Das Ergebnis: Insgesamt konnte das Team mehrere Hotspots identifizieren, in denen sich Mikro- und Nanoplastikpartikel bevorzugt ablagern, darunter Lunge, Nasenhöhle und Kehlkopf. In welchem dieser Depots ein eingeatmetes Kunststoffteilchen landet, hängt wiederum von dessen Beschaffenheit und von der Atemfrequenz ab, wie Huang und seine Kollegen berichten.
„Eine schnellere Atmung führte zu einer verstärkten Ablagerung in den oberen Atemwegen, insbesondere bei größeren Mikroplastikpartikeln, während eine langsamere Atmung ein tieferes Eindringen und die Ablagerung kleinerer Nanoplastikpartikel erleichterte“, erklärt Koautor Suvash Saha, ebenfalls von der University of Technology. Selbst wenn sich also zwei Personen an derselben Straße aufhalten und dieselbe Luft einatmen, die eine aber schnell atmend joggt und die andere langsam atmend auf den Bus wartet, sieht es in ihren Atemwegen danach komplett anders aus.
Neben der Atemfrequenz und der Größe der Partikel spielt aber offenbar auch ihre Form eine erhebliche Rolle, wie die Forschenden herausgefunden haben. Demnach dringen Partikel in Zylinder- und Pyramidenform besonders tief in die Lungen vor, während kugelförmiges Mikroplastik größtenteils schon in den oberen Atemwegen hängenbleibt.
Das Einatmen ist unausweichlich
Dem Einatmen von Mikroplastik gänzlich zu entgehen, ist trotz seiner negativen gesundheitlichen Folgen so gut wie unmöglich. Dafür sind die Mengen, die für das menschliche Auge unsichtbar in der Luft herumschwirren, einfach zu groß. In Innenräumen eingeatmetes Mikroplastik stammt dabei vor allem aus Textilfasern, wie Huang und seine Kollegen erklären. Draußen sind die Quellen deutlich vielfältiger und reichen von Reifenabrieb über Meeresgischt bis hin zu Partikeln aus der Abwasseraufbereitung.
In manchen Städten schwirren so umgerechnet mehrere Millionen Plastikflaschen durch die Luft. Mit den neuen Erkenntnissen lässt sich diese enorme Plastikmenge zwar nicht reduzieren, doch immerhin verstehen wir so immer genauer, welche Folgen die Partikel für unsere Gesundheit haben können. (Environmental Advances, 2024; doi: 10.1016/j.envadv.2024.100525)
Quelle: University of Technology Sydney