Wem gehört der Mond? Und wer legt die Regeln für die Erkundung und Nutzung eines anderen Planeten fest? Bisher gibt es für nicht-irdische Gefilde nur ein Regelwerk, das von der Mehrheit der Raumfahrtnationen anerkannt und ratifiziert ist: der Weltraumvertrag.
Der Kalte Krieg gab den Anstoß
Seinen Ursprung hat dieser Vertrag im Kalten Krieg: In den 1950er Jahren lieferten sich die USA und die Sowjetunion nicht nur ein atomares Wettrüsten, sondern entwickelten parallel dazu auch die ersten Interkontinentalraketen. Damit besaßen sie nun die Möglichkeit, Kernwaffen bis an den Rand des Weltraums und sogar bis in den Orbit zu bringen. 1957 folgte dann mit Sputnik der erste künstliche Satellit – und weckte die Befürchtung, dass die rivalisierenden Großmächte dauerhaft Waffen im All stationieren könnten.
Um dies zu verhindern, initiierte die UN in den 1960er Jahren multilaterale Verhandlungen über einen Vertrag, der die Militarisierung des Welttraums verhindern und die friedliche Nutzung regeln sollte. Am 17. Oktober 1967 war es dann soweit: Der „Treaty on Principles Governing the Activities of States in the Exploration and Use of Outer Space, including the Moon and Other Celestial Bodies“- kurz „Outer Space Treaty“ – trat in Kraft. Inzwischen haben ihn 112 Staaten ratifiziert, darunter alle Raumfahrtnationen.
Keine Waffen im Weltraum
Doch was ist mit dem Weltraumvertrag geregelt – und was nicht? Sehr klar ist der Vertrag in Bezug auf Waffen und Militär im Weltraum: In Artikel IV wird es explizit verboten, Atomwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen im Erdorbit zu platzieren oder sie auf irgendeine Weise auf einem anderen Himmelskörper zu stationieren. „Die Einrichtung von Militärbasen, militärischen Installationen und Befestigungen sowie das Testen jeder Art von Waffen ist verboten“, heißt es weiter. Gleiches gilt für Militärmanöver auf einem anderen Himmelskörper.
Ausdrücklich erlaubt ist dagegen die friedliche Nutzung. In Artikel I heißt es: „Die Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper wird zum Vorteil und im Interesse aller Länder ohne Ansehen ihres wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungsstandes durchgeführt und ist Sache der gesamten Menschheit.“ Dabei stehe es allen Staaten frei, den Weltraum gleichberechtigt und im Einklang mit dem Völkerrecht zu erforschen und zu nutzen. Es bestehe uneingeschränkter Zugang zu allen Gebieten auf Himmelskörpern.
Nemitz und sein Asteroid
Mit anderen Worten: Der Mond, Asteroiden und andere Weltraumregionen gehören allen und keinem. Tatsächlich wird dies im Artikel II noch etwas deutlicher ausformuliert, denn in diesem wird es Staaten verboten, Teile des Weltraums oder einen Himmelskörper als ihr Eigentum zu beanspruchen „…nicht durch Beanspruchung der Hoheitsgewalt, durch Benutzung oder Okkupation oder durch andere Mittel.“
Ein Grundstück auf dem Mond zu kaufen und exklusiv zu nutzen, scheint damit unmöglich – oder doch nicht? 2001 machte der US-Amerikaner Gregory Nemitz die Probe auf Exempel. Elf Monate bevor die NASA-Raumsonde NEAR auf dem Asteroiden (433) Eros landen sollte, meldete Nemitz bei der auf Eigentum „himmlischer“ Objekte spezialisierten Plattform Archimedes Institute seine Besitzansprüche auf den Asteroiden an. Als dann die Raumsonde landete, schickte Nemitz der NASA eine Rechnung – für Park- und Nutzungsgebühren von insgesamt rund 20 US-Dollar.
Wie zu erwarten, lehnte die NASA höflich aber entschieden ab. Nemitz gab jedoch nicht auf und ging vor Gericht. “ Hauptziel des Prozesses war, eine offizielle Aussage des US-Regierung zu Besitzrechten im All zu erhalten“, erklärte Nemitz gegenüber NBC-News. „Das zweite Ziel war, die internationale Diskussion über dieses Thema voranzubringen.“ Das Gericht lehnte Nemitz Klage in erster und zweiter Instanz ab – wegen ungenügender rechtlicher Basis.
Was, wenn es Gedränge gibt?
Doch sieht es mit der Beanspruchung eines Standorts für eine Mondstation oder eine Anlage zur Rohstoffextraktion aus – beispielsweise in einem der Wassereis-reichen Krater am lunaren Südpol? Gerade dort könnte es in Zukunft eng werden: „Das größte Problem ist, dass alle die gleichen Standorte und Ressourcen anpeilen – Staaten, private Unternehmen, eben jeder“, erklärt Martin Elvis vom Harvard & Smithsonian Center for Astrophysics.
Er und sein Team haben sich 2020 die potenziellen Streitauslöser auf dem Mond näher angeschaut – und die gibt es reichlich. Denn lunare Standorte, die sich für den Bau einer Mondstation und die Gewinnung von Treibstoff, Atemluft und Wasser vor Ort eignen, sind auf dem Mond rar: „Typischerweise gibt es weniger als zehn Schlüsselstandorte jedes Typs und diese sind meist nur wenige Kilometer groß“, so der Forscher.
Inkompatible Ziele
Zudem sind die Ziele der Mondmissionen nicht immer miteinander kompatibel: Ein kommerzieller Abbau lunarer Rohstoffe oder ein Mondhotel würden beispielsweise die astronomischen Beobachtungen eines Mondobservatoriums stören. Und auch die wissenschaftliche Erforschung des Mondes wäre von möglichst ungestörten Bedingungen abhängig. „Wenn verschiedene Akteure ihre inkompatiblen Ziele an solchen Orten verfolgen, dann wird es schnell eng und alle haben das Nachsehen“, so Elvis und sein Team. „Das schafft eine Menge Potenzial für Konflikte.“
Doch genau solche Konflikte lassen sich mit dem Weltraumvertrag nicht regeln – er ist viel zu allgemein formuliert. Nach Ansicht der Wissenschaftler bleibt daher einiges zu tun, um die konfliktfreie Erkundung und Besiedlung des Mondes zu gewährleisten. Denkbare Modelle für künftige Gesetze und Richtlinien könnten die Verträge sein, die auf der Erde den Zugriff auf nichtnationale Gebiete wie die offene See oder die Antarktis regeln. Auch sie erlauben Zugang und Nutzung, installieren aber gleichzeitig Kontrollgremien und machen definierte Auflagen.
Ob sich die internationale Gemeinschaft auch für Mond, Mars und das All auf einen solchen Vertrag einigen wird, bleibt abzuwarten.