Gesundheitsgefahr Putzen? Aggressive Reinigungsmittel können auf Dauer die Gesundheit der Atemwege beeinträchtigen. Eine Langzeitstudie zeigt: Bei Frauen, die sehr viel putzen, nimmt die Lungenfunktion im Laufe der Jahre deutlich stärker ab als bei Nicht- und Gelegenheitsputzern. Die Putzmittel schaden der Lunge demnach ebenso stark wie das tägliche Rauchen einer Packung Zigaretten, wie Forscher berichten. Männer-Lungen scheinen durch den Kontakt zu Reinigungsprodukten dagegen erstaunlicherweise kaum beeinträchtigt zu werden.
Im Alltag atmen wir ständig Schadstoffe ein: Draußen sind es die Emissionen von Kohlekraftwerken, Müllverbrennungsanlagen oder dem Straßenverkehr, die für dicke Luft sorgen und unsere Gesundheit gefährden. Drinnen belasten giftige Ausdünstungen aus Dämmmaterialien, Bodenbelägen, Möbeln oder Putzmitteln unsere Lungen.
Die in Haushaltsreinigern enthaltenen Chemikalien sind teilweise ziemlich aggressiv und können den Atemwegen empfindlich schaden. Studien deuten zum Beispiel daraufhin, dass das Risiko für Asthma und Atembeschwerden unter Putzfachkräften besonders groß ist. Außerdem soll auch die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) häufiger bei Menschen auftreten, die beruflich oft Putzmitteln ausgesetzt sind. Doch wie gefährlich sind die Reinigungsprodukte wirklich?
Putzverhalten im Blick
Das haben Wissenschaftler um Øistein Svanes von der Universität Bergen in Norwegen nun untersucht. Für ihren „Respiratory Health Survey“ begleiteten sie 6.230 Personen über einen Zeitraum von 20 Jahren. Die Probanden waren zu Beginn der Untersuchung im Schnitt 34 Jahre alt, ein Großteil von ihnen putzte regelmäßig. So gaben 85 Prozent der teilnehmenden Frauen an, mindestens einmal pro Woche zuhause zu putzen, einige putzten hauptberuflich. Von den Männern waren nach eigenen Angaben 46 Prozent regelmäßig Reinigungsprodukten ausgesetzt.
Für die Studie wurden die Teilnehmer von den Forschern insgesamt dreimal befragt – zum Beispiel zu Beschwerden der Atemwege und Allergien, ihrem Beruf, ob sie Sport treiben, wie sie wohnen, ob Haustiere im Haushalt sind oder ob sie rauchen. Außerdem wurde die Lungenfunktion der Probanden untersucht. Würde sich ein Zusammenhang zwischen dem Kontakt zu Putzmitteln und der Atemwegsgesundheit herstellen lassen?
Beeinträchtigte Lungenfunktion
Tatsächlich offenbarte sich ein deutlicher Effekt – zumindest bei den Frauen: Wer zuhause für das Putzen zuständig war oder als Reinigungsfachkraft arbeitete, bei dem nahm die Lungenfunktion im Laufe der Zeit signifikant stärker ab als bei Nicht- und Gelegenheitsputzern. Sowohl Reinigungssprays als auch andere Putzmittel schienen demnach einen schädigenden Einfluss zu haben, der sich nach zehn bis 20 Jahren zeigte.
Wie schwer diese Langzeitfolgen wiegen, verdeutlichen die Wissenschaftler mit einem einprägsamen Vergleich. Wie sie berichten, war die Auswirkung auf die Lungenfunktion in ihrer Auswertung ähnlich der von zehn bis 20 sogenannten Packungsjahren Tabakrauchen. Das entspricht dem Effekt von zehn bis 20 Jahren lang täglich 20 Zigaretten – also einer Packung.
Kein signifikanter Effekt bei Männern
Ein durch Putzen erhöhtes Risiko später an COPD zu erkranken, fanden die Forscher hingegen nicht. Und bei den Männern schienen sich die chemischen Inhaltsstoffe aus den Putzmitteln noch nicht einmal auf die Lungenfunktion auszuwirken. Wie kann das sein? Svanes Team glaubt, dass Männer-Lungen einfach widerstandsfähiger sein könnten als die Atmungsorgane von Frauen.
Dieses Phänomen haben Wissenschaftler zuvor bereits im Zusammenhang mit Tabakrauch oder Holzstaub in der Luft beobachtet. Hier entwickeln Frauen schneller Atemwegserkrankungen als Männer. Allerdings: Weil die Männer in der Stichprobe seltener putzten, war die Basis der Auswertung bei ihnen auch dünner. Eine Untersuchung mit mehr männlichen Reinigungskräften könnte daher womöglich zu etwas anderes Ergebnissen führen.
Wasser statt Chemiekeule
Insgesamt kommen die Forscher zu dem Schluss, dass bestimmte Inhaltsstoffe von Putzmitteln die langfristige Gesundheit der Atemwege beeinträchtigen können – vor allem beim weiblichen Geschlecht. Sie plädieren daher dafür, ein stärkeres Bewusstsein für die möglichen Folgen des Putzmittel-Kontakts zu schaffen und wie diese beim Putzen vermieden werden können.
Doch was kann man tun, um die Atemwege beim Putzen zu schützen? Drei Tipps lassen sich relativ leicht umsetzen: Für ausreichende Belüftung sorgen, einen Mundschutz tragen und statt zum chemischen Reiniger bei leichteren Verschmutzungen einfach zu Wasser oder naturstoffbasierten Neutralreinigern greifen. (American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine, 2018; doi: 10.1164/rccm.201706-1311OC)
(DeutschesGesundheitsPortal, 04.04.2018 – DAL)