Tätowierungen sind für die Ewigkeit: Forscher haben das Geheimnis hinter der Langlebigkeit von Tattoos gelüftet. Ihre Experimente zeigen: Wenn Pigment-tragende Immunzellen in der Haut sterben, geht mit ihnen keineswegs auch die Farbe verloren. Denn die Zellen geben die Pigmente zwar frei. Sie werden aber schon kurz darauf wieder von neuen Zellen aufgenommen. In einem kontinuierlichen Kreislauf wird auf diese Weise die Haltbarkeit der Körperkunst sichergestellt.
Ob Arschgeweih oder echte Körperkunst: Tätowierungen liegen weltweit im Trend – auch in Deutschland. Hierzulande zieren inzwischen fast jeden zehnten Körper Tinte und Farbpigmente, die unter die Haut gestochen wurden. Umso erstaunlicher ist, wie wenig über die Funktionsweise der Tattoos bekannt ist: Was passiert mit Tattoo-Farben, wenn sie einmal im Organismus sind?
Lange Zeit dachte man, dass die Tinte Fibroblastenzellen in der Dermis der Haut einfärbt. Doch das scheint nicht zu stimmen, wie jüngste Forschungsergebnisse nahelegen. Demnach lagern sich die Pigmente stattdessen im Inneren von Makrophagen an. Diese Fresszellen des Immunsystems werden durch die beim Tätowieren entstehenden Verletzungen alarmiert und nehmen die fremden Partikel auf, ganz so, wie sie es auch mit Krankheitserregern machen würden.
Langlebige Zellen?
Weil Tattoos in der Regel für die Ewigkeit sind, bedeutet das auch: Bei den Makrophagen in der Dermis muss es sich um langlebige Zellen handeln. Denn sterben sie, verschwindet mit ihnen auch die Farbe. Oder doch nicht? Wissenschaftler um Anna Baranska von der Aix Marseille Université in Frankreich haben nun die Spur von Tattoo-Pigmenten im Körper verfolgt – und Erstaunliches festgestellt.
Für ihre Studie tätowierten die Forscher Mäusen den Schwanz mit bunten Streifen. Anschließend sorgten sie dafür, dass bei den genetisch veränderten Nagern sämtliche Makrophagen in der Dermis und in anderen Geweben abstarben. Was würde mit der Farbe unter der Haut passieren? Es zeigte sich: Die Tätowierung blieb erhalten – und das obwohl es nachweislich nur die Makrophagen waren, die die Pigmente zuvor aufgenommen hatten.
Kontinuierlicher Kreislauf
Die Erklärung: Offenbar geben die Makrophagen die Farbpigmente an die Umwelt ab, wenn sie sterben. Im Laufe von wenigen Wochen werden sie dort von neuen, aus Vorläuferzellen entstandenen Makrophagen aufgenommen, die die verlorengegangenen Immunzellen in der Dermis ersetzen. Dieser Prozess läuft so schnell ab, dass sich die Pigmente noch nicht im gesamten Körper verteilt haben und beispielsweise über die Lymphflüssigkeit abtransportiert werden konnten.
Der Kreislauf aus Pigmentaufnahme, Freigabe und Wiederaufnahme findet jedoch nicht nur dann statt, wenn sämtliche Makrophagen auf einmal zugrunde gehen. Vielmehr scheint es sich um einen kontinuierlichen Prozess in tätowierter Haut zu handeln, wie weitere Experimente offenbarten. Baranskas Team transplantierte ein Stückchen verzierte Haut von einer Maus auf eine andere. Nach sechs Wochen stammte bereits ein Großteil der Pigment-tragenden Makrophagen vom Empfängertier anstatt vom „Tattoo-Spender“.
Erneuerung sichert Haltbarkeit
„Wenn einzelne Makrophagen im Laufe des Lebens eines Erwachsenen sterben, fangen neue oder benachbarte Makrophagen die freigesetzten Pigmente auf und sichern so wahrscheinlich den Erhalt der Tätowierung“, resümiert Baranskas Kollegin Sandrine Henri. Die Haltbarkeit von Tattoos basiere demnach auf der Erneuerung von Makrophagen anstatt auf deren Langlebigkeit.
Diese Erkenntnis kann womöglich zu besseren Entfernungsmethoden beitragen: Wer seiner Farben unter der Haut überdrüssig ist, lässt sie heute in der Regel mithilfe von Laserpulsen entfernen. Dabei werden Zellen in der Haut zerstört und eingeschlossene Pigmente freigesetzt. Diese können dann mit der Lymphflüssigkeit abtransportiert werden. Doch nicht immer ist die langwierige Prozedur von Erfolg gekrönt.
„Eine vorübergehende Entfernung der Makrophagen in der tätowierten Region könnte verhindern, dass die Farbe sofort wiederaufgenommen wird. Und das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Pigmente auch wirklich über das Lymphsystem weggespült werden“, schließt Mitautor Bernard Malissen. (Journal of Experimental Medicine, 2018; doi: 10.1084/jem.20171608)
(Rockefeller University Press/ JEM, 07.03.2018 – DAL)