Himmelsschauspiel: Millionen Amerikaner erleben heute eine totale Sonnenfinsternis. In einem rund 110 Kilometer breiten Streifen quer über die USA wird sich der Mond vor die Sonne schieben und sie verdunkeln. Schon seit Monaten fiebert das ganze Land diesem kosmischen Ereignis entgegen. Für uns in Mitteleuropa bleibt leider nur der Live-Stream – aber immerhin ereignet sich die Eklipse genau passend zur Primetime gegen 20:00 Uhr unserer Zeit
Das Phänomen der Sonnenfinsternis verdanken wir einem kosmischen Zufall: Der Mond ist rund 400 Mal kleiner als die Sonne, gleichzeitig ist er uns aber auch rund 400 Mal näher. Dadurch erscheinen beide uns am Himmel gleichgroß. Bei einer Sonnenfinsternis schiebt sich der Mond genau zwischen Sonne und Erde. Wegen des gerade passenden Abstands erreicht dabei die Spitze seines kegelförmigen Kernschattens knapp die Erde. In diesem Bereich erscheint die Sonne komplett verdeckt – eine totale Sonnenfinsternis ereignet sich.
Wo ist die Finsternis zu sehen?
Am 21. August 2017 trifft der Mondschatten die USA: Der rund 112 Kilometer breite Pfad der Totalität zieht sich dabei einmal quer über den Kontinent – von Oregon im Nordwesten bis nach South Carolina im Südosten. Weil sich die Erde schnell unter dem Mondschatten wegdreht, dauert an jedem einzelnen Ort die Phase der kompletten Verdunklung nur zwischen eineinhalb und zweieinhalb Minuten. Insgesamt ist die totale Sonnenfinsternis gute drei Stunden von der Erdoberfläche sichtbar.
Doch die USA sind nicht das einzige Land, von dem aus diese Sonnenfinsternis zu sehen ist. Außerhalb der Kernschattenzone ist sie in weiten Teilen der Nordhalbkugel als partielle Sonnenfinsternis sichtbar. Diese Zone reicht von Grönland bis zum Nordosten Sibiriens und vom Norden Südamerikas über Hawaii bis zum äußersten Westen Europas und Afrikas. Die Sonne wird dabei je nach Standort am Rand minimal verdunkelt oder sogar zur schmalen Sichel.
Übrigens ist diese Sonnenfinsternis eine Art Verwandter der Eklipse, die am 11. August 1999 bei uns in Mitteleuropa zu sehen war. Denn beide gehören zum gleichen Saros-Zyklus – einer mehr oder weniger regelmäßigen Abfolge von ähnlichen Sonnenfinsternissen.
Der zeitliche Ablauf der Eklipse
Die totale Sonnenfinsternis beginnt bereits gegen 18:50 Uhr unserer Zeit mitten im Pazifik. Der Kernschatten des Mondes trifft rund 1.500 Kilometer südlich der Aleuten erstmals auf die Erdoberfläche. Von dort aus zieht er Richtung Osten auf die Westküste der USA zu. Gegen 10:20 Uhr Ortszeit – 19:20 Uhr unserer Zeit – erreicht der Mondschatten den US-Bundesstaat Oregon und zieht dann weiter durch Idaho, Wyoming, Nebraska und Missouri.
Gegen 20:27 Uhr unserer Zeit können die Bewohner von Nashville in Tennessee die totale Sonnenfinsternis bestaunen. Die Dunkle Sonne zieht dann weiter über Georgia und North Carolina bis nach South Carolina – ihrer finalen Station auf dem amerikanischen Kontinent. Gegen 20:49 Uhr unserer Zeit verlässt der Kernschatten an der Südostküste South Carolinas das Land und zieht auf den Atlantik hinaus.
Für Schiffe auf dem Atlantik ist die totale Sonnenfinsternis auch danach noch zu sehen, Inseln liegen jedoch nicht mehr auf ihrem Weg. 300 Kilometer südwestlich der afrikanischen Küste endet gegen 22:00 MESZ der Pfad der Totalität – die Spitze des Kernschattens erreicht ab dann nicht mehr die Erdoberfläche.
Uns bleiben die Live-Streams
Wir Mitteleuropäer bleiben diesmal leider außen vor: Bei uns ist nicht einmal mehr die partielle Eklipse sichtbar. Wer aber momentan zufällig im Urlaub an der Westküste Spaniens oder Frankreichs ist oder in Großbritannien, könnte – eine Sonnenfinsternisbrille oder einen anderen adäquaten Augenschutz vorausgesetzt – zumindest beobachten, wie der Rand der Sonne ein winziges Bisschen „angeknabbert“ wird.
Dank des Internets können aber auch wir die Sonnenfinsternis miterleben: Es gibt zahlreiche Livestreams, die das Ereignis übertragen. Die NASA streamt ab 19:00 Uhr nicht nur Bilder von der Erdoberfläche, sondern auch von Flugzeugen und Höhenballons aus. Der Stream von TimeandDate überträgt ab 17:30 Uhr unserer Zeit von verschiedenen Standorten in den USA und weltweit. Fotos der Sonnenfinsternis können auf eine spezielle Flickr-Seite der NASA hochgeladen werden.
Chance für die Wissenschaft
Die totale Sonnenfinsternis ist nicht nur ein Spektakel für Millionen von Menschen in den USA, sie ist auch eine wertvolle Chance für die Wissenschaft. Schon seit Monaten bereiten sich daher die NASA, aber auch Forscher an Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen in den USA auf das Ereignis vor. Sie werden die Eklipse von Flugzeugen, mit Teleskopen und sogar vom Weltraum aus verfolgen.
Einen Schwerpunkt der Projekte bildet die innere Sonnenkorona – die Atmosphäre der Sonne. Nur während der Totalität überstrahlt der Rest der Sonne nicht diesen Strahlenkranz. Forscher werden die Polarisierung, aber auch das genaue Spektrum der Strahlung in der Korona ermitteln und dafür den Strahlenkranz mit einer ganzen Reihe von Teleskopen beobachten.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Ionosphäre der Erde. Diese Schicht aus geladenen Teilchen in der äußeren Erdatmosphäre schirmt uns vor Strahlung und Teilchen aus dem Weltraum ab, gleichzeitig reflektiert sie Radiowellen und spielt damit für die Telekommunikation eine wichtige Rolle. Ihre Dicke und Struktur verändert sich je nachdem, wie stark sie dem Sonnenwind ausgesetzt ist – und auch zwischen Tag und Nacht.
„Die Eklipse schaltet die Strahlenquelle der Ionosphäre abrupt ab“, erklärt Bob Marshall von der University of Colorado. „Dadurch wird die Ionosphäre sich entspannen und mitten am Tag für kurze Zeit in den Nachtmodus wechseln.“
Bürger-Wissenschaftler gefragt
Besonders spannend: Die Eklipse ist auch eine perfekte Gelegenheit für Citizen-Science. Gleich mehrere Projekte haben Bürger dazu aufgerufen, bei der Forschung mitzuhelfen. In einem Projekt sollen Freiwillige entlang des Finsternis-Pfads Aufnahmen der Sonne mit baugleichen Teleskopen und Digitalkameras erstellen, um so die Totalität über 93 Minuten hinweg unter möglichst gleichen Bedingungen zu dokumentieren.
„Diese totale Sonnenfinsternis über den USA ist eine in der Neuzeit einzigartige Gelegenheit“, sagt Carrie Black von der National Science Foundation. „Die Bilder und Daten von Millionen Menschen können gesammelt und von Wissenschaftlern analysiert werden.“
In unserem Special zur Sonnenfinsternis 2017 über den USA finden Sie weitere Hintergrund-Informationen und Links.
(NASA, NSF, 21.08.2017 – NPO)