Technik

Röntgenblick in Mikrochips

Neue Tomografie-Methode zeigt Baufehler selbst in Nanometer-kleinen Chip-Strukturen

3D Bauplan eines Mikrochips - erstellt anhand vieler einzelner Röntgenaufnahmen. © Paul Scherrer Institut/Mirko Holler

Verbesserte Qualitätskontrolle: Forscher durchleuchten Mikrochips mit Röntgenstrahlen und erstellen detaillierte 3D-Bilder von deren Innenleben – mit einer hohen Auflösung von bis zu 15 Nanometern. Mit dieser Methode könnten Chips künftig vollständig auf mögliche Baufehler untersucht werden, ohne sie zu beschädigen, wie bisher noch notwendig, so die Forscher im Fachmagazin „Nature“.

Schaltkreise, Transistoren und Co. werden auf Mikrochips immer kleiner. Diese Miniaturisierung macht die Kontrolle der fertigen Chips auf Fehler extrem aufwändig: Aktuell werden die Chips dafür in Schichten abgetragen und die einzelnen Lagen im Elektronenmikroskop auf mögliche Qualitätsmängel untersucht. Der Nachteil liegt auf der Hand: Die Mikrochips müssen dafür zerstört werden. Zudem treten häufig Verzerrungen auf, die das exakte Bild des Chipaufbaus verfälschen.

3D-Bilder durch Perspektiv-Wechsel

Mirko Holler und seine Kollegen vom Paul Scherrer Institut in Villigen haben nun eine Alternative entwickelt, mit der Mikrochips zerstörungsfrei geprüft werden können. Die sogenannte Ptychotomografie kann noch Strukturen bis zu 15 Nanometern Größe abbilden, aber trotzdem tief ins Material eindringen, wie die Forscher erklären.

Für die Untersuchung wird eine runde, 200 Nanometer große Scheibe aus dem Chip ausgestanzt und von intensivem, gebündeltem Röntgenlicht aus einem Synchrotron durchleuchtet. Ein Detektor misst die Veränderungen des Lichts nach dem Durchgang durch den Chip. Dieser wird währenddessen immer weiter geneigt und erneut bestrahlt, sodass viele Einzelaufnahmen aus unterschiedlichen Winkeln entstehen.

Aufsicht des 3D-Bauplans einer Mikrochip-Probe. © Paul Scherrer Institut/Mirko Holler

Ein Computer errechnet dann aus den einzelnen Aufnahmen eine dreidimensionale Ansicht der durchleuchteten Probe – ähnlich wie wir uns ein Bild von der dreidimensionalen Erscheinung eines Gegenstands machen, der aus verschiedenen Perspektiven fotografiert ist.

Genauer Blick auf Leiterbahnen und Transistoren

Um das Verfahren zu testen, untersuchten die Forscher zunächst die Probe eines Mikrochips, dessen Aufbau sie kannten. Die Aufnahmen stellten Bauelemente wie Transistoren zuverlässig dar und machten selbst Leiterbahnen von nur 45 Nanometer Breite sichtbar – dies ist nur rund ein Tausendstel so dick wie ein menschliches Haar. Auch von einem Chip mit unbekannter Struktur konnten die Forscher einen detaillierten Bauplan erstellen.

„Die Bildauflösung, die wir hier erzeugen konnten, ist ähnlich hoch wie bei dem konventionellen Untersuchungsverfahren“, erklärt Holler. Doch es gebe zwei wesentliche Vorteile: „Erstens blieb bei uns die Probe unbeschädigt und wir haben die vollständige Information über die dreidimensionale Struktur. Zweitens vermeiden wir Verzerrungen der Bilder, die bei Elektronenmikroskopie-Aufnahmen entstehen, wenn die Oberfläche der einzelnen Schnitte nicht genau plan ist.“

In Zukunft auch ganze Chips

Nach Angaben der Forscher können mit ihrer Methode alle gängigen Mikrochips vermessen und auf ihre Qualität hin überprüft werden. Eine zuverlässige Kontrollmöglichkeit der Verschaltungen ist enorm wichtig, um die Qualität der Chips zu sichern – ganz besonders bei Anwendungen in der Medizintechnik oder der Luftfahrt, wo bei fehlerhaften Mikrochips Menschenleben auf dem Spiel stehen.

Bisher erlaubt der Messaufbau allerdings nur die Untersuchung von Proben mit maximal zehn Mikrometern Durchmesser, die aus dem Chip ausgestanzt werden müssen. Noch muss also auch bei dieser Methode der Chip zur Untersuchung zerstört werden. Dies soll sich aber in Zukunft ändern: „Wir beginnen gerade, die Methode so weiterzuentwickeln, dass man damit in akzeptabler Messzeit ganze Mikrochips untersuchen kann“, erklärt Koautor Gabriel Aeppli. „Dann wird es auch möglich werden, denselben Bereich eines Chips mehrfach zu untersuchen und damit zum Beispiel zu beobachten, wie er sich durch äußere Einflüsse verändert.“ (Nature, 2017; doi: 10.1038/nature21698)

(Paul Scherrer Institut, Villigen, 16.03.2017 – CLU)

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