Medizin

E-Zigaretten schaden der Mundschleimhaut

Dampf führt zu verstärktem Zelltod und fördert Entzündungen

Der Dampf von E-Zigaretten ist zwar weniger schädlich als Tabakrauch, vollkommen harmlos ist aber auch er nicht. © patrisyu/ iStock.com

Nicht harmlos: Auch E-Zigaretten können der Schleimhaut von Mund und Atemwegen schaden. Darauf deuten nun gleich zwei Studien hin. Demnach erhöht der Dampf schon bei 15 Minuten täglich die Todesrate der Schleimhautzellen erheblich. Außerdem fördert das Dampfen die Freisetzung entzündungsfördernder Stoffe und löst DNA-Schäden aus, wie die Forscher berichten. Ähnlich wie bei Tabakrauch ist dadurch das Risiko von Parodontose und Zahnausfall erhöht.

E-Zigaretten gelten als gesündere Alternative zum klassischen Glimmstängel. Statt Tabak zu verbrennen, erhitzen die Verdampfer eine nikotinhaltige Flüssigkeit. Der eingeatmete Dampf enthält dadurch deutlich weniger Schadstoffe als der Tabakrauch. Aber: Völlig harmlos sind auch die E-Zigaretten nicht. Studien belegen, dass ihr Dampf freie Radikale enthält, die zellschädigend wirken können. Außerdem scheint der Dampf Keime in den Atemwegen aggressiver zu machen.

15 Minuten dampfen pro Tag

Jetzt haben gleich zwei Forschergruppen unabhängig voneinander eine weitere Schadwirkung der E-Zigaretten aufgedeckt: Sie schädigen die Mundschleimhaut. Beide Teams hatten für ihre Studie Zellen der Mundschleimhaut einem simulierten Dampfen ausgesetzt. Die Dosis des nikotinhaltigen Dampfes entsprach dabei zwei rund fünfsekündigen Zügen pro Minute und dies täglich 15 Minuten lang.

„Die Mundschleimhaut ist unsere erste Abwehrlinie gegen mikrobielle Infektionen“, erklärt Mahmoud Rouabhia von der Universität Laval in Quebec. Umso wichtiger sei es, dass diese Schleimhaut intakt bleibe. Er und seine Kollegen haben untersucht, ob und wie der E-Zigaretten-Dampf die Mortalität der Schleimhautzellen beeinflusst.

Deutlich mehr tote Zellen

Das Ergebnis: Bereits nach einem Tag mit nur 15 Minuten des E-Zigarettenkonsums stieg die Todesrate der Mundzellen von zwei auf 18 Prozent, wie die Forscher berichten. Nach zwei Tagen waren bereits 40 Prozent der Schleimhautzellen stark beschädigt oder tot und nach drei Tagen sogar 53 Prozent. Nähere Analysen ergaben, dass der Dampf das Selbstmordprogramm der Zellen auslöste und dadurch zu ihrem Absterben führte.

Solche Schäden der schützenden Mundschleimhaut können gesundheitliche Folgen haben: „Diese Schäden erhöhen das Risiko für Infektionen, Entzündungen und für Zahnfleischschwund“, erklärt Rouabhia. Vom Nikotin aus Tabakrauch ist schon länger bekannt, dass es die Durchblutung des Zahnfleischs hemmt und dadurch Parodontose fördert. Enthält die E-Zigarette Nikotin, wirkt ihr Dampf ähnlich.

Entzündungsstoffe und DNA-Schäden

Das zweite Forscherteam um Irfan Rahman von der University of Rochester hat bei ihrem Experiment den Stoffwechsel der bedampften Mundschleimhaut genauer untersucht. Das Ergebnis: Sowohl der Dampf von nikotinhaltigen, als auch von aromatisierten nicht-nikotinhaltigen E-Zigaretten löst gravierende Veränderungen aus.

„Die Dämpfe bringen die Zellen dazu, entzündungsfördernde Botenstoffe freizusetzen, die den Zellstress erhöhen und den Schleimhautzellen schaden“, berichtet Rahman. Zudem fanden er und seine Kollegen auch Hinweise darauf, dass der Dampf DNA-Schäden verursacht und die Regeneration der Schleimhaut durch Vorläuferzellen beeinträchtigt.

Aroma macht es noch schädlicher

E-Zigaretten können demnach ähnliche Schäden in Mund und Atemwegen auslösen wie Tabakrauch – wenn auch teilweise in geringerem Maße. „Entgegen dem, was man denken möchte, ist der Dampf von E-Zigaretten eben nicht nur Wasser“, sagt Rouabhia. „Der Dampf setzt die Gewebe des Mundes und der Atemwege Verbindungen aus, die beim Erhitzen von Glycerin, Propylenglykol, Nikotin und Aromen entstehen.“

Aromastoffe scheinen die Schadwirkung des E-Zigaretten-Dampfs dabei noch deutlich zu verstärken, wie die Tests ergaben. „Wir haben festgestellt, dass die Aromatisierung eine verstärkte Oxidation von Proteine verursachte“, berichten Rahman und seine Kollegen. „Dies wiederum kann zur Produktion von autoaggressiven Antikörpern führen, die Zahnfleisch und Knochen angreifen.“

Beide Forscherteams sind sich einig, dass die Folgen des Dampfens in jedem Falle noch besser untersucht werden müssen. „Mehr Forschung, darunter vor allem Langzeit- und Vergleichsstudien sind nötig, um die Gesundheits-Effekte von E-Zigaretten besser zu verstehen“, sagt Rahman. Hinzu kommt, dass die Zusammensetzung der Dampfer-Flüssigkeit und der Gerätetyp einen großen Einfluss auf die jeweilige Schadwirkung haben. (Journal of Cellular Physiology, 2016, doi: 10.1002/jcp.25677; Oncotarget, 2016, doi: 10.18632/oncotarget.12857)

(Université Laval, University of Rochester, 18.11.2016 – NPO)

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