Archäologie

Cheops-Pyramide: Gibt es versteckte Kammern?

Myon-Messungen könnten auf zwei bisher unentdeckte Hohlräume hindeuten

An den rot markierten Stellen der Cheops-Pyramide könnten sich zuvor unbekannte Hohlräume verbergen. © ScanPyramids, ergänzt

Verräterische Anomalien: Forscher haben bei Messungen in der Cheops-Pyramide mögliche Hinweise auf verborgenen Hohlräume entdeckt. An zwei Stellen registrierten ihre Myon-Detektoren einen Überschuss kosmischer Strahlung, wie er typischerweise durch Hohlräume im Gestein entsteht. Ob es wirklich um versteckte Kammern oder nur um natürliche Lücken im Gestein handelt, sollen nun weitere Messungen klären.

Dank neuer Technologien können Archäologen inzwischen sehr viel leichter nach verborgenen Gräbern und Hohlräumen in den Überresten alter Hochkulturen suchen. Erst vor Kurzem sorgten japanische Forscher für Aufsehen, die die Wände des Grabs von Tutanchamun mit einer neuen Radartechnik durchleuchtet hatten. Ihre Daten deuteten auf verborgene Hohlräume im Grab hin – möglicherweise sogar ein bisher unberührtes Grab.

Von kosmischer Strahlung durchleuchtet

Ähnlich spannende Ergebnisse liefert nun das Projekt ScanPyramids für die Cheops-Pyramide in Gizeh. Forscher hatten im Laufe der letzten Monate Myon-Detektoren an verschiedenen Stellen der Pyramide platziert, darunter an der Außenseite der Nordostecke und im absteigenden Korridor. In diesem hatten französische Wissenschaftler bei Infrarotmessungen im Jahr 2015 thermische Auffälligkeiten entdeckt.

Die von den Forschern ausgebrachten Detektoren registrierten über jeweils mehrere Wochen hinweg die mit der kosmischen Strahlung einfallenden und durch das Gestein der Pyramide dringenden Myonen. Durch Vergleiche mit der Myonrate unter freiem Himmel lassen sich Rückschlüsse auf die Dichte und mögliche Hohlräume im Gestein ziehen.

Die Myonmessungen am absteigenden Gang der Pyramide zeigen einen unerwarteten Überschuss oberhalb des Ganges (rechts) © ScanPyramids/ K. Morishima, Nagoya University)

Hinweise auf zwei Hohlräume

Wie das Projekt ScanPyramids nun bekannt gibt, ergaben die Messungen Hinweise auf einen verborgenen Hohlraum oberhalb des absteigenden Korridors. „Jede Messplatte enthüllte einen signifikanten Überschuss an Myonen aus dieser Richtung“, berichten die Forscher. „Weil dieser Überschuss in einer geraden Linie verläuft, spricht dies dafür, dass es sich hier nicht um bloße Unregelmäßigkeiten im Bauwerk handelt, sondern um einen oder mehrere Hohlräume.“

Nach Ansicht der Forscher könnte es sich bei diesem Hohlraum hinter der Nordfassade der Pyramide um einen weiteren Korridor handeln. Die genaue Form und Größe dieses Hohlraums sollen nun weitere Myonmessungen klären. Ein weiterer bisher unbekannter Hohlraum könnte sich nach Angaben der ScanPyramids-Forscher an der Nordostecke der Cheops-Pyramide verstecken. Dort registrierten die Myon-Detektoren in 105 Metern Höhe und sechs Meter hinter der Fassade der Pyramide einen Myonen-Überschuss.

Ägyptologen sind skeptisch

Nachdem auch die Ergebnisse aus Tutanchamuns Grab inzwischen umstritten sind, äußerst sich die ägyptische Antikenbehörde eher vorsichtig zu den neuen Funden. Sie spricht deutlich vorsichtiger von „Anomalien“ und noch nicht von Hohlräumen oder gar Kammern oder Korridoren. Zudem wird betont, dass weitere Messungen nötig seien, um sicher zu gehen.

Der frühere ägyptische Antikenminister Zahi Hawass erklärte gegenüber dem Magazin „Livescience“, dass die Resultate der Myonmessungen auch auf kleine, baubedingte Lücken zwischen den Steinen der Pyramide zurückgehen könnten: „Der Kern der Pyramide besteht aus großen und kleinen Steinen und dies kann überall zu Lücken führen“, sagt Hawass. Die Forscher des ScanPyramids-Projekts wollen ihre Ergebnisse nun durch weitere Myonmessungen erhärten.

(ScanPyramids, 19.10.2016 – NPO)

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