Medizin

CFS: Anomalien bei 60 Stoffwechselprodukten entdeckt

Diagnosehilfe und neue Hinweise auf Ursachen des Chronisches Erschöpfungssyndroms

Das Chronische Erschöpfungssysndrom ist mehr als einfach nur Schlappheit. © Nadofotos/ iStock.com

Stoffwechsel auf Sparflamme: Forscher haben bei Patienten mit Chronischem Erschöpfungssyndrom (CFS) umfangreiche Veränderungen im Stoffwechsel entdeckt: 60 Metabolite in 20 Signalwegen sind bei ihnen verändert. Diese Anomalien zeigen an, dass bestimmte Prozesse bei den Betroffenen heruntergeregelt sind. Einige dieser Biomarker eignen sich zudem als diagnostischer Test mit mehr als 90 Prozent Trefferquote, wie die Forscher berichten.

Patienten, die unter dem Chronischen Erschöpfungssyndrom leiden, gelten nicht selten als Hypochonder oder psychisch labil. Denn ihre Symptome sind eher unspezifisch und bisher gab es keinen eindeutigen, auf körperlichen Markern beruhenden diagnostischen Test. Inzwischen jedoch haben Forscher schon einige Biomarker bei CFS-Patienten nachgewiesen, darunter Anomalien im Gehirn, Veränderungen im Immunsystem und in der Darmflora.

Noch umfassendere Unterschiede haben nun Robert Naviaux von der University of California in San Diego und seine Kollegen entdeckt. Für ihre Studie hatten sie das sogenannte Metabolom von 84 Frauen und Männern mit CFS analysiert – die Gesamtheit der Stoffwechselprodukte in ihrem Blut. Dabei fahndeten sie nach Botenstoffen oder Abbauprodukten, deren Gehalt sich von dem gesunder Menschen unterscheidet.

Anomalien in 60 Stoffwechselprodukten

Und tatsächlich wurden die Forscher fündig: „Wir haben festgestellt, dass Männer und Frauen mit Chronischem Erschöpfungssyndrom eine chemische Signatur besitzen, die sich von der gesunder Kontrollteilnehmer unterscheidet“, berichten die Wissenschaftler. „Trotz der ganz unterschiedlichen Faktoren, die bei ihnen zu CFS führten, war die metabolische Reaktion dabei sehr einheitlich.“

Bei den Metaboliten der männlichen (links) und weiblichen CFS-Patienten gab es auffallende Abweichungen von den Kontrollpersonen. © Naivaux et al.,/ PNAS

Insgesamt zeigten die CFS-Patienten 60 Anomalien in 20 Stoffwechselwegen, wie Naviaux und seine Kollegen berichten. Rund 80 Prozent der abweichenden Substanzen kamen bei den CFS-Betroffenen in deutlich geringerer Konzentration als üblich vor. Zu diesen gehörten vor allem Bestandteile der Zellmembran wie Sphingolipde und Phospholipide, aber auch ein Abbauprodukt von Riboflavin, sowie Adenosin und Harnsäure.

Leben auf Sparflamme

Auffallend dabei: Die biologische Signatur dieser Abweichungen ähnelt der eines stark abgesenkten Stoffwechsels – quasi eines Lebens auf Sparflamme. Ähnlich wie bei manchen Tieren, die bei ungünstigen Umweltbedingungen in solche Ruhestadien fallen, senkt der Körper dabei bestimmte Stoffwechselprozesse und damit Lebensfunktionen auf ein Minimum ab.

„Den Tieren hilft dies, unter Bedingungen zu überleben, die sonst zu erhöhtem Zelltod führen könnten“, erklärt Naviaux. „Für Patienten mit CFS aber bedeutet dieses Herunterfahren ein Leben mit Schmerzen und Behinderungen.“

Diagnose mit gut 90 Prozent Trefferquote

Aber eignen sich diese Anomalien auch als Diagnosehilfe? Um das herauszufinden, testeten die Forscher, ob auch schon ein Satz von deutlich weniger als den 60 Metaboliten eine CFS signifikant genug charakterisieren kann. „Bei Männern haben wir einen Satz von acht Substanzen gefunden, bei Frauen von 13, die sich gut als Diagnostika eignen“, berichten die Wissenschaftler. In einem Blindtest erreichten sie mit diesen Biomarkern eine Trefferquote von mehr als 90 Prozent.

Das Wissen um die Stoffwechselanomalien bei CFS könnte nach Ansicht der Forscher einen doppelten Nutzen haben: Zum einen hilft es, die Krankheit besser zu diagnostizieren. Zum anderen aber könnten die veränderten Metabolite wertvolle Hinweise auf neue Therapien liefern. „Dieser Arbeit eröffnet uns einen neuen Weg sowohl zum Verständnis der Biologie von CFS als auch zur Entwicklung neuer Therapien“, konstatiert Naviaux. „Denn diese werden bei dieser Erkrankung dringen d benötigt.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2016; doi: 10.1073/pnas.1607571113)

(University of California – San Diego, 30.08.2016 – NPO)

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