Geschmackszentrum erfolgreich ausgetrickst: Bestimmte Aromastoffe können einen Mangel von Fett, Zucker oder Salz in Lebensmitteln geschmacklich kompensieren. Das belegen nun Experimente mit Testessern. Demnach nehmen wir dank aromatischer Zusätze etwa einen salzigen Geschmack wahr, obwohl gar kein Salz im Produkt enthalten ist. Dieses Phänomen könnte sich als äußerst nützlich erweisen – und Naschkatzen gesündere Produkte im wahrsten Sinne des Wortes schmackhafter machen, berichten die Forscher.
Egal ob Schokolade, Kuchen oder Chips – fast alle Leckereien haben eines gemeinsam: Sie schmecken den meisten Menschen zwar besonders gut. Doch sie gelten auch als besonders ungesund, weil sie große Mengen an Fett, Salz oder Zucker enthalten. Dass man diese Zutaten Empfehlungen von Ärzten zufolge nur in Maßen genießen sollte, wissen die meisten Verbraucher – und schlagen trotzdem zu. „Das Problematische ist, dass gerade Fett, Zucker und Salz viele Nahrungsmittel so köstlich machen „, erklärt Thierry Thomas-Danguin vom Centre des Sciences du Goût de l’Alimentation in Dijon.
Nicht selten entscheide im Alltag deshalb Geschmack über Vernunft: „Was macht man, wenn man sich ein Produkt mit 30 Prozent weniger Salz gekauft hat und es zu fad findet? Man nimmt den Salzstreuer und würzt nach“, sagt der Aromaforscher. Er und seine Kollegen haben nun jedoch einen Ansatz entwickelt, mit dem der Geschmack von zucker-, fett- oder salzreduzierten Lebensmitteln verbessert werden könnte.
Pudding mit Schinkenaroma
Die Wissenschaftler untersuchten, wie bestimmte Aromastoffe unseren geschmacklichen Eindruck von einem Nahrungsmittel manipulieren können. In einem Experiment ließen sie Probanden dafür Vanillepudding probieren, der aus unterschiedlichen Schichten mit variierendem Salzgehalt und zugesetzten Aromen bestand. Denn auch in Süßspeisen sorgt eine Prise Salz für einen intensiveren Geschmack.
Dabei zeigte sich, dass Schinkenaroma die Creme offenbar salziger machte, obwohl der Aromastoff selbst gar kein Salz enthielt. Tatsächlich hielten manche Testesser eine Puddingvariation sogar für geschmacklich identisch mit einer traditionell hergestellten Creme, in der 40 Prozent mehr Salz verarbeitet worden war. Eine andere Mischung von Aromastoffen beeinflusste in einem weiteren Versuch mit Käse sowohl die Salz- als auch die Fettwahrnehmung der Teilnehmer.
Geschmackszentrum ausgetrickst
Für das Team war damit klar: Mithilfe von Aromen lässt sich das menschliche Gehirn leicht austricksen. Bestimmte aromatische Bestandteile können demnach einen Mangel an Salz, Zucker oder Fett geschmacklich kompensieren. Doch welche Aromastoffe sind im Detail nötig, um einen fehlenden Geschmack möglichst gut zu ersetzen?
Um das herauszufinden, entwickelten die Forscher einen speziellen Gaschromatographen. Dieser ist in der Lage, einzelne Aromamoleküle aus Lebensmitteln zu isolieren. Auf diese Weise konnten Thomas-Danguin und seine Kollegen zum Beispiel untersuchen, welche Komponenten zum süßen Geschmack eines Fruchtsaftes beitragen. Dafür konfrontierten sie Probanden zunächst mit dem vollen Aroma eines Saftes. Anschließend leiteten sie die isolierten Aromabestandteile einzeln in die Nase der Versuchsteilnehmer und fragten sie, ob das jeweilige Aroma zur wahrgenommenen Süße beitrage.
In Zukunft könnte die Lebensmittelindustrie dem Team zufolge mittels solcher Methoden gesündere Produkte ganz nach dem Geschmack der Verbraucher kreieren. Trotz wenig Fett, Zucker oder Salz würden diese Nahrungsmittel dann womöglich häufiger auf dem Teller landen, so die Hoffnung. (252nd National Meeting & Exposition of the American Chemical Society)
(American Chemical Society, 23.08.2016 – DAL)