Auch E-Zigaretten produzieren potenziell schädliche Moleküle: Im Nikotinnebel dieser Verdampfer haben Forscher erstmals Freie Radikale nachgewiesen, hochreaktive Substanzen, die als zellschädigend gelten. Pro Atemzug enthält der Dampf bis zu hundert Billionen solcher Radikale. Das ist zwar deutlich weniger als bei Tabakrauch, aber es ist nicht auszuschließen, dass auch diese Menge bereits Gesundheitsschäden hervorrufen kann, warnen die Forscher.
E-Zigaretten sind im Trend, denn die Verdampfer gelten als gesunde Alternative zur normalen Zigarette. Denn statt Tabak zu verbrennen, erzeugen sie aus einer Flüssigkeit einen Dampf, der unter anderem Nikotin und Aromen enthält. Der Vorteil dabei: Es entsteht kein Teer und weniger von den weiteren, bei normalen Zigaretten anfallenden Schadstoffen, dadurch sind sie weniger gesundheitsschädlich. Zudem zeigen Studien, dass die E-Zigaretten Rauchern beim Aufhören helfen können.
Fahndung nach Freien Radikalen
Aber ganz ohne Schadstoffe oder Risiken sind Verdampfer dennoch nicht. So haben frühere Studien im Dampf der E-Zigaretten geringe Mengen von Aldehyden nachgewiesen, Molekülen, die oxidativen Stress und Zellschäden auslösen können. „Es ist daher wichtig für uns, die potenziellen Gefahren von E-Zigaretten zu erkennen und zu minimieren“, erklärt John Richie von der Pennsylvania State University in College Park.
Richie und seine Kollegen haben deshalb untersucht, ob und wie viele freie Radikale im Dampf der E-Zigaretten enthalten ist. Freie Radikale sind hochreaktive und aggressive Moleküle, die ebenfalls Zellschäden durch oxidativen Stress verursachen. Sie gelten als Hauptverursacher von raucherbedingtem Krebs, sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der Lungenkrankheit COPD bei Rauchern.
Billionen Radikale im Dampf
Die Analysen ergaben: Auch im Dampf von E-Zigaretten sind diese schädlichen Moleküle enthalten. Die Forscher detektierten je nach Verdampfer und Flüssigkeit zwischen 25 und 103 Billionen Freie Radikale pro Atemzug. „Das ist die erste Studie, die nachweist, dass diese hochreaktiven Stoffe in den Aerosolen von E-Zigaretten enthalten sind“, sagt Richie. Wie die Forscher feststellten, entstehen die Freien Radikale im Verdampfer, wenn die Heizspiralen die Nikotinlösung auf hohe Temperaturen aufheizen.
Allerdings: Auch wenn die Menge der Radikale auf den ersten Blick hoch erscheint, liegt sie um das Hundert- bis Tausendfache niedriger als bei Tabakrauch, wie die Forscher betonen. „Die von uns gemessenen Radikalwerte entsprechen eher dem, was man in Gegenden mit stark verschmutzter Luft einatmet als den Werten von Zigarettenrauch“, sagt Richie.
Wie gesundheitsschädlich sind die Radikale?
Wie schädlich die beim „Dampfen“ eingeatmeten Radikale tatsächlich für die Gesundheit sind, ist bisher unklar. „Dies ist erst der erste Schritt“, betont Richie. „Die Identifizierung dieser Radikale in den Aerosolen bedeutet zunächst, dass wir nicht pauschal sagen können: E-Zigaretten sind sicher. Sie sind durchaus potenziell schädlich.“ Aber wie stark, das müssen nun weitere Untersuchungen zeigen.
Richie und seine Kollegen arbeiten bereits daran, die genaue chemische Struktur der im E-Zigaretten-Dampf enthaltenen Freien Radikale herauszufinden. „Das hilft dabei festzustellen, wie gefährlich sie sind“, so der Forscher. Erste Hinweise, dass der Dampf der E-Zigaretten durchaus gesundheitliche Wirkung hat, zeigten sich 2014. Forscher stellten damals fest, dass der Dampf Keime aggressiver macht und das Immunsystem schwächt. (Chemical Research in Toxicology, 2015; doi: 10.1021/acs.chemrestox.5b00220)
(Penn State Milton S. Hershey Medical Center, 03.12.2015 – NPO)