Tierischer Ursprung: Das für akute Leberentzündungen verantwortliche Hepatitis A-Virus stammt ursprünglich von kleinen Säugetieren wie Fledermäusen oder Igeln. Virologen haben Verwandte des fast nur bei Menschen auftretenden Virus in Kleinsäugern aus der ganzen Welt gefunden, berichten sie in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“. Die Gefahr, sich heute noch über eine Fledermaus mit Hepatitis A anzustecken, stufen die Forscher jedoch als äußerst gering ein.
Das Hepatitis A-Virus kann eine akute Entzündung der Leber verursachen, die bei Erwachsenen Symptome wie Fieber, Durchfall und Erbrechen hervorruft. Bei Kindern verläuft die Infektion dagegen meist ohne Symptome und heilt problemlos wieder ab. „In den Tropen sind fast alle kleineren Kinder mit dem Hepatitis A-Virus infiziert und fortan gegen diese Erkrankung immun“, sagt Jan Felix Drexler vom Universitätsklinikum Bonn. Impfstoffe bieten ebenfalls Schutz gegen das Virus, das bislang nur bei Menschen und wenigen Primaten auffindbar war – woher es stammte, lag daher bisher im Dunklen.
Humanes Virus mit tierischem Ursprung
Um mehr über die Herkunft des Hepatitis A-Virus zu erfahren, haben Drexler und Kollegen weltweit nach damit verwandten Viren gefahndet. Dazu untersuchten sie fast 16.000 Proben aus mehr als 200 verschiedenen Arten von Kleinsäugern, von Spitzmäusen über Fledermäuse bis zum Igel.
Dabei fanden die Forscher Viren, die dem Erreger von Hepatitis A in ihren genetischen Eigenschaften und Proteinstrukturen sowie in den Infektionsmustern und auch der ausgelösten Immunantwort sehr ähneln. Die Wissenschaftler gehen darum davon aus, dass das Hepatitis A-Virus mit diesen tierischen Viren verwandt ist. „Das scheinbar rein humane Virus ist also höchst wahrscheinlich tierischen Ursprungs“, sagt Drexler.
Die Wissenschaftler fanden auch Hinweise auf eine noch weiter zurückreichende Herkunft: Die Hepatitis A-Viren der Kleinsäuger könnten ihre Ursprünge in Insektenviren haben. Darauf deuten die evolutionsbiologischen Untersuchungen hin. „Möglicherweise haben vor Millionen von Jahren Insektenviren insektenfressende Kleinsäuger infiziert, in denen sich dann die Vorläufer des Hepatitis A-Virus entwickelten“, spekuliert Virologe Drexler.
Keine Angst vor Ansteckung
Der Forscher geht davon aus, dass die kleinen Säugetiere wichtige Wirte sind, in denen die Viren erhalten bleiben und sich weiter entwickeln. „Sonst müsste das Hepatitis A-Virus durch die gute Immunisierung der einmal Infizierten in den früher vorkommenden kleinen menschlichen Gruppen eigentlich längst ausgestorben sein“, argumentiert Drexler.
Patienten müssen sich jedoch keine Sorgen machen, dass sie sich bei Fledermäusen oder Igeln mit dem Hepatitis A-Virus anstecken können. „Es ist sicherlich schon sehr lange her, dass sich Menschen erstmals mit dem Hepatitis A-Vorläufervirus von Tieren infizierten“, urteilt der Virologe. Es bestehe keine Gefahr durch etwa einen Fledermausbiss, auch wenn Hepatitis A ursprünglich eine Zoonose wie HIV oder Ebola sei. Die Studie zeige aber, dass die detaillierte Analyse der Abstammung und Verbreitung von Viren auch eine bessere Risikobewertung neuartiger Viren ermöglichen könnte. (Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2015; doi: 10.1073/pnas.1516992112)
(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 03.11.2015 – AKR)