Gefälle auf der Meeresoberfläche: Strömungen wie in der Straße von Gibraltar senken an den europäischen Küsten den Meeresspiegel. Dadurch liegt dort der Meeresspiegel in Portugal niedriger als gegenüber in Marokko, wie britische Forscher nun herausgefunden haben. Ein Effekt dieser Strömung lässt sich noch bis Norwegen messen, berichten die Wissenschaftler im Magazin „Geophysical Research Letters“. Zukünftige Schwankungen des Meeresspiegels sollen sich mit ihrem Modell noch besser berechnen lassen.
Die Meeresoberflächen der Erde sind nicht so glatt, wie sie erscheinen: Das Schwerefeld der Erde türmt auch die Ozeane stellenweise zu Bergen auf und lässt anderswo regelrechte Täler in der Wasseroberfläche entstehen. Einen weiteren Beitrag leistet die Erdrotation: Sie drängt die Wassermassen in Richtung Äquator. Dies wirkt sich messbar auf die lokalen Pegelstände an den Küsten aus.
Strömungen wie in einer Teetasse
Anhand des Meeresspiegels in der Straße von Gibraltar haben Chris Hughes vom britischen National Oceanography Centre (NOC) und seine Kollegen diese Effekte nun genauer untersucht. Insbesondere interessierte die Wissenschaftler, welche Rolle Meeresströmungen dabei spielen. Dies lässt sich bei Gibraltar gut beobachten: An der Oberfläche strömen hier gewaltige Wassermassen aus dem Atlantik ins Mittelmeer hinein. In tieferen, salzigeren Wasserschichten herrscht dagegen eine Strömung in umgekehrter Richtung.
„Ganz so wie das Umrühren in einer Teetasse das Wasser um einen niedrigen Pegel in der Mitte wirbeln lässt, verursacht die Erdrotation bei Meeresströmungen auf der Nordhalbkugel ein Gefälle“, vergleicht Hughes. Und je schneller man rührt, desto ausgeprägter ist dieser Effekt. Ozeanmodelle legten nahe, dass es diesen Zusammenhang auch im großen Maßstab gibt – zwischen Meeresströmungen und dem Meeresspiegel. An der Straße von Gibraltar sollte demnach der Pegel nördlich der Meerenge in Portugal fast sieben Zentimeter niedriger sein als an der marokkanischen Küste im Süden.
Mit Satellitendaten überprüften die Wissenschaftler dieses Modell. Die Schwerefeld-Messungen von Satelliten wie GOCE geben Aufschluss darüber, wo die Meeresspiegel ohne den „Teetassen-Effekt“ liegen würden. Die tatsächlichen Meeresspiegel lassen sich ebenfalls von Satelliten sowie mit Pegelstationen messen. Ein Vergleich dieser Daten kam dem Modellwert von knapp sieben Zentimetern sehr nahe: Die Forscher maßen einen Unterschied von rund sieben bis acht Zentimetern.
Mittelmeer liegt tiefer als der Atlantik
Darüber hinaus stellten sie jedoch noch einen weiteren Effekt der Strömung von Gibraltar fest, genauer gesagt, der Strömungen in beiden Richtungen. Diese sorgen nämlich dafür, dass der durchschnittliche Meeresspiegel im Mittelmeer etwa neun Zentimeter tiefer liegt als im Atlantik. Dadurch wiederum neigt sich der Atlantik minimal abwärts in Richtung Gibraltar. Dieser Effekt ist zwar nur gering, lässt sich aber sogar in hohen Breitengraden bis hinauf nach Norwegen noch nachweisen.
Meeresströmungen leisten somit einen nennenswerten Beitrag zum Gefälle der Meeresspiegel zwischen Äquator und den Polregionen, fassen die Forscher zusammen. Dieser Anteil sei auch bei langfristigen Beobachtungen über den Anstieg der Meeresspiegel bedeutend und ermögliche noch präzisere Modelle. (Geophysical Research Letters, 2015; doi: 10.1002/2014GL062654)
(National Oceanography Centre, 29.01.2015 – AKR)