Biologie

Frösche: Kinderstube bei Kannibalen

Männliche Pfeilgiftfrösche legen Kaulquappen an gefährlichen Orten ab

Männchen des Färberfrosches (Dendrobates tinctorius) © Springer

Den eigenen Nachwuchs an Kannibalen verfüttern? Männliche Pfeilgiftfrösche scheinen genau das zu tun, wenn sie ihre Kaulquappen zur Metamorphose in Wasserlöchern absetzen: Sie bevorzugen dabei Plätze, an denen schon andere heranwachsende Artgenossen leben. Diese fressen aber auch gern jüngere Kaulquappen und sind somit kannibalisch. Die riskante Strategie der Pfeilgiftfrösche bringt jedoch Standortvorteile mit sich, wie eine jetzt im Fachmagazin „Behavioral Ecology and Sociobiology“ erschienene Studie erläutert.

Bei den Pfeilgiftfröschen im südamerikanischen Regenwald bringen die Väter den Nachwuchs zum Kindergarten: Sobald die Kaulquappen aus ihren Eiern geschlüpft sind, trägt das Froschmännchen sie auf seinem Rücken zu einem geeigneten Wasserloch. Solche Wasseransammlungen bilden sich zum Beispiel in Baumlöchern, Astgabeln, Blattansätzen oder sogar einfach auf großen Blättern. In diesen kleinen Tümpeln wachsen die Kaulquappen auf sich allein gestellt heran und entwickeln sich in etwa zwei Monaten zu ausgewachsenen Fröschen.

Laichplatz bestimmt Überlebenschancen

Die Wahl eines guten Laichplatzes hat direkte Auswirkungen auf die Überlebenschancen der Kaulquappen und damit die Fortführung der elterlichen Gene. Schließlich hängt von den Bedingungen im Larvenstadium ab, wann die Metamorphose zum ausgewachsenen Frosch einsetzt und wie groß die Kaulquappen zu dem Zeitpunkt sind.

Bibiana Rojas von der finnischen Universität Jyväskylä hat genauer untersucht, wie die Froschväter ein Wasserloch für ihren Nachwuchs auswählen. Dazu studierte sie eine Population des Färberfrosches, einer Unterart der Pfeilgiftfrösche, in den Wäldern von Französisch-Guayana. Dabei fand sie etwas Überraschendes heraus: Die Männchen der Art setzen die Kaulquappen bevorzugt in solchen Wasserlöchern ab, in denen sich bereits die Nachkommen von Artgenossen befinden. Da größere Kaulquappen auch gern jüngere fressen, scheint diese Vorgehensweise zunächst widersinnig.

Glücksspiel für den Froschvater

Für die riskante Standortwahl muss es aber einen guten Grund geben, sonst hätte sie sich nicht etabliert. Die Anzahl der potenziellen Brutstätten ist durchaus begrenzt. Daher ist es besonders wichtig, eine geeignete Wasserstelle auszuwählen. Die Verhaltensforscherin Rojas ist überzeugt, dass die Anwesenheit größerer Larven von Artgenossen den Froschvätern gute Wachstumsbedingungen in einem bestimmten Wasserloch anzeigt: „Die Anwesenheit und Größe von Artgenossen beeinflusst die elterliche Entscheidung bei der Auswahl eines Aufzuchtortes für ihre Nachkommen.“

Wenn also bereits die Brut eines Artgenossen erfolgreich zu einer bestimmten Größe herangewachsen ist, deutet das daraufhin, dass auch die eigenen Nachkommen gute Chancen haben. „Die auf den ersten Blick unverständliche Entscheidung der Eltern, ihre Nachkommen bei größeren Kannibalen abzusetzen, ist letztendlich dann doch nicht so seltsam“, sagt Rojas, und fasst zusammen: „Die Entscheidung ist wie ein Glücksspiel für den Froschvater. Wenn er Glück hat und seine Kaulquappen nicht gefressen werden, kann es letztendlich in einem stabilen Wasserloch sicherer sein, als in einem, das leicht austrocknet.“ (Behavioral Ecology and Sociobiology, 2014; doi: 10.1007/s00265-013-1670-y)

(Rojas, B.; Behavioral Ecology and Sociobiology, 21.01.2014 – AKR)

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