Der Klimawandel beschleunigt den irdischen Wasserkreislauf stärker als bisher angenommen. Für jedes Grad der Erwärmung zirkuliert der Kreislauf aus Verdunstung und Niederschlägen um rund acht Prozent schneller. Das hat ein internationales Forscherteam herausgefunden. Diese Beschleunigung verändert die Niederschlagsmuster und verstärkt Ungleichheiten in der Wasserversorgung: Trockene Regionen werden noch trockener und in ohnehin schon wasserreichen Gebieten nehmen Starkregen und Überschwemmungen stärker zu. Die jetzt ermittelte Beschleunigungsrate des Wasserkreislaufs sei doppelt so hoch wie von aktuellen Klimamodellen vorhergesagt, berichten die Forscher im Fachmagazin „Science“.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich der Wasserkreislauf um 16 bis 24 Prozent intensiviert, wenn die Welt zwei bis drei Grad wärmer wird, wie vorhergesagt“, schreiben Paul Durack vom Centre for Australian Weather and Climate Research in Hobart, Tasmanien und seine Kollegen. Erste Anzeichen für diese Entwicklung gebe es bereits: Seit 1950 habe sich der Wasserkreislauf bereits um vier Prozent verstärkt.
Diese Verschiebung bedeute eine erheblich stärkere Bedrohung für menschliche Gesellschaften und Ökosysteme als der Klimawandel alleine, sagen die Forscher. Die veränderten Niederschlagsmuster beeinträchtigten die Nahrungsversorgung, die Stabilität und den Zugang zu sauberem Wasser.
Daher sei es wichtig, das genaue Ausmaß der kommenden Veränderungen zu kennen. Bisher seien solche Abschätzungen für den Wasserkreislauf aber schwierig gewesen, da es an konkreten Messungen vor allem über den Meeren fehlte. Zwar gebe es Beobachtungsdaten von Satelliten, diese seien jedoch ungenau und widersprüchlich. Da die Ozeane gut 70 Prozent der Erdoberfläche bedecken und rund 80 Prozent der Niederschläge erhalten, haben sie einen großen Anteil am globalen Wasserkreislauf.
Salzgehalt des Meerwassers als Anzeiger
Um die Verdunstung und Niederschläge über den Ozeanen trotz mangelnder direkter Daten zu erfassen, behalfen sich die Forscher mit einer indirekten Methode: Sie werteten Daten zum Salzgehalt der Meeresoberflächen aus, der seit mehreren Jahrzehnten regelmäßig gemessen wird. Dabei nutzten sie die Tatsache aus, dass das Meerwasser in regenreichen Gebieten salzärmer wird, in Gebieten mit wenig Regen und hoher Verdunstung dagegen salzreicher. Aus den Salzgehaltsdaten von 1950 bis 2000 ermittelten die Forscher sowohl die Entwicklung als auch das räumliche Verteilungsmuster der Niederschläge über Pazifik, Atlantik und Indischem Ozean.
„Nach dem Mechanismus: ‚die Reichen werden reicher‘ sind die salzigen Ozeanregionen im Laufe der Zeit noch salziger geworden, die salzärmeren noch salzärmer“, schreiben die Forscher. Das zeige, dass sich der Wasserkreislauf und mit ihm die Unterschiede in der Niederschlagsverteilung bereits verstärkt hätten. Dieses Ergebnis stimme mit regionalen Beobachtungen überein, liege aber deutlich höher als die Prognosen globaler Klimamodelle.
(doi: 10.1126/science.1212222)
(Science, 27.04.2012 – NPO)