Läuse sind lästige, aber hochspezialisierte Parasiten, die sich heute auf nahezu allen Haar oder Federn tragenden Tieren finden. Ein neuer genetischer Stammbaum zeigt nun, dass die Evolution und Spezialisierung der Läuse bereits in der Kreidezeit begann. Möglicherweise waren daher auch schon die Vorfahren der Vögel, die gefiederten Dinosaurier, von den blutsaugenden Parasiten befallen, erklären amerikanische Forscher in der Fachzeitschrift „Biology Letters“.
Läuse sind hochspezialisierte Parasiten: So besitzen beispielsweise Vogelläuse, die an den Flügelfedern sitzen besonders langgestreckte Körper, mit denen sie sich zwischen den Widerhaken der Federhärchen verkeilen, damit sie beim Flügelputzen nicht entfernt werden können. Hörnchenläuse dagegen haben eine Grube an ihrem Kopf, mit der sie sich eng an einem Haarschaft anlegen können. Diese Anpassungen machen die Läuse sehr erfolgreich, erschweren es ihnen aber auch, von einem Wirt zum anderen zu wechseln. Als Folge ist ihre Evolution sehr eng mit der ihrer Wirte verzahnt.
Enge gemeinsame Geschichte mit ihrem Wirt
„Läuse sind wie lebende Fossilien. Die Geschichte unserer Vergangenheit ist in diesen Parasiten verzeichnet“, erklärt Vincent Smith vom Natural History Museum in London. „Indem wir ihre evolutionäre Entwicklung rekonstruieren, können wir die Läuse als Marker auch für die evolutionäre Geschichte ihrer Wirte nutzen.“ Genau dies haben Smith und sein Kollege Kevin Johnson, Ornithologe des State Natural History Survey an der Universität von Illinois jetzt getan.
Die Forscher analysierten und verglichen die DNA-Sequenzen von 69 heute lebenden Läuselinien und rekonstruierten daraus einen partiellen Stammbaum der sechsbeinigen Parasiten. Um die zeitliche Einordnung der „Abzweigungen“ dieser genetischen Entwicklungslinien zu überprüfen, verglichen die Wissenschaftler diese zusätzlich mit der Evolution und wichtigen Fossilfunden der entsprechenden Wirte.
Wegen der engen Verbindung der Läuse zu „ihren“ Tieren ermöglicht es ein solcher Stammbaum aber umgekehrt auch, Rückschlüsse auf die Entwicklung der jeweiligen Wirte zu ziehen. Wenn alle Angehörigen einer Tiergruppe, so unterschiedlich ihr Lebensraum und ihre Biologie auch sein mögen, auf sie angepasste Läuse tragen, liegt der Schluss nahe, dass auch der gemeinsame Vorfahre bereits von den Parasiten befallen war.
Vogel- und Säugetierläuse schon in der Kreidezeit
„Unsere Analyse deutet darauf hin, dass sowohl Vogel- als auch Säugetierläuse bereits vor dem Aussterben der Dinosaurier begonnen hatten sich zu differenzieren“, erklärt Johnson. „Und bei der weiten Verbreitung der Läuse auf Vögeln aller Gruppen und in geringerem Maße auch von Säugetieren, existierten sie wahrscheinlich auch schon damals auf verschiedenen Wirten, darunter möglicherweise auch den Dinosauriern.“
Da auch die späten Dinosaurier bereits gefiedert waren und sich auch die Vögel einst aus Dinosauriern entwickelten, könnten sie ihre Läuse quasi von ihren Vorfahren gleich mitgeerbt haben, so vermuten die Forscher. Belege dafür gibt es zwar nicht, die aktuelle Studie zeigt aber sehr wohl, dass die Läuse höchstwahrscheinlich bereits vor dem Massenaussterben am Ende der Kreidezeit florierten.
„Diese Studie unterstützt die Idee, dass die Hauptgruppen der Vögel und Säugetiere bereits existierten, bevor die Dinosaurier ausstarben“, erklärt Johnson. „Wenn es schon Läuse gab, wissen wir, dass auch ihre Wirte nicht weit waren.“ (Biology Letters, 2011 DOI: 10.1098/rsbl.2011.0105)
(University of Illinois at Urbana-Champaign, 08.04.2011 – NPO)