Die Flüsse der Erde geben drei Mal so viel Lachgas an die Atmosphäre ab, wie vom IPCC geschätzt. Das geht aus einer jetzt in den „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS) erschienenen Studie hervor. Demnach sind Flüsse die Quelle von mindestens zehn Prozent der gesamten anthropogenen Emissionen des starken Treibhausgases. Ursache ist vor allem verstärkte Düngung der landwirtschaftlichen Böden.
Lachgas, chemisch Distickstoffmonoxid, ist ein potentes Treibhausgas: Seine Treibhauswirkung in der Atmosphäre ist 298 Mal so stark wie die des Kohlendioxids. Es entsteht durch bakterielle Aktivität im Prozess der so genannten Denitrifikation als Abbauprodukt von Nitrat in Boden oder Gewässern. Im letzten Jahrhundert ist die Lachgaskonzentration in der Atmosphäre um 20 Prozent angestiegen und sie steigt weiterhin mit einer Rate von 0,2 bis 0,3 Prozent pro Jahr. Klimaforscher schätzen, dass das Lachgas für etwa sechs Prozent des anthropogenen Klimawandels verantwortlich ist. Außerdem schadet das Gas der Ozonschicht der Erde.
„Menschliche Aktivität, darunter die Nutzung von fossilen Brennstoffen und intensive Landwirtschaft, haben die Verfügbarkeit von Stickstoff in der Umwelt erhöht”, erklärt Jake Beaulieu von der Universität von Notre Dame. „Ein Großteil dieses Stickstoffs wird in Flüsse und Gewässernetze eingetragen, wo es durch die Aktivität von Mikroben in Lachgas umgewandelt werden kann, ein potentes Treibhausgas.“
Weitaus mehr Lachgas als erwartet
Um festzustellen, wie viel Lachgas die Gewässer abgeben, haben Beaulieu und Wissenschaftler verschiedener amerikanischer Forschungseinrichtungen die Distickstoffmonoxid-Produktion in 72 Flüssen in unterschiedlichen Landschaftsformen gemessen. Die Ergebnisse wurden dann in ein globales Flussmodell eingepflegt.
Das Ergebnis war eindeutig: Es zeigt, dass die Flüsse als Lachgasquelle bisher offenbar unterschätzt wurden. „Obwohl mehr als 99 Prozent des denitrifizierten Stickstoffs in den Flüssen zu inertem Stickstoffgas umgewandelt werden, tragen die Fluss-Systeme noch immer mindestens zehn Prozent der globalen anthropogenen Lachgas-Emissionen bei“, erklärt Stephen Hamilton von der Michigan State Universität.
Düngung und urbane Gebiete als Stickstoffquelle
Die erhöhte Produktion des Lachgases in den Gewässern kann direkt auf die verstärkte Nutzung von Stickstoffdüngern und die Kultivierung von Nutzpflanzen zurückgeführt werden, die die natürliche Stickstoffbindung des Bodens unterstützen. Über den Wasserkreislauf gelangen diese Stickstoffverbindungen dann in die Gewässer und werden dort zu Lachgas umgewandelt.
„Diese Multi-Standort-Studie etabliert Flüsse eindeutig als wichtige Quelle von Lachgas“, erklärt Henry Gholz, Leiter der Umweltforschungsabteilung der National Science Foundation. „Dies ist besonders der Fall für die Gewässer, deren Einzugsgebiete mit Stickstoff angereicherte urbanisierte und landwirtschaftliche Gebiete sind. Diese neuen globalen Emissionsdaten sind überraschend.“
(National Science Foundation, 22.12.2010 – NPO)