Gammastrahlenausbrüche gehören zu den energiereichsten Phänomenen im Universum, aber im sichtbaren Licht glimmen einige dieser gigantischen Explosionen nur schwach. Jetzt haben Astronomen herausgefunden, dass diese „dunklen“ Gammastrahlenausbrüche keine eigene Klasse bilden, sondern lediglich durch Staub zwischen Erde und Explosionsort abgedimmt werden. Wie sie in der Fachzeitschrift „Astronomy & Astrophysics“ berichten, kommen dadurch nur noch 30 bis 50 Prozent des Lichts bei der Erde an.
Gammastrahlenausbrüche, auf Englisch Gamma-Ray Bursts (GRBs), erscheinen ohne Vorwarnung und dauern zwischen Bruchteilen einer Sekunde und mehreren Minuten. Um ihre hochenergetische Gammastrahlung zu beobachten, ist es nötig, Weltraumteleskope einzusetzen. Vor dreizehn Jahren entdeckten Astronomen allerdings, dass diese gewaltigen Explosionen auch weniger energiereiche Strahlung erzeugen, die dafür über viel längere Zeiträume beobachtbar ist: Dieses „Nachglühen“ des Gammastrahlenausbruchs kann mehrere Wochen bis Jahre andauern.
Rätsel „dunkler“ Gammastrahlenausbrüche
Während alle Gammastrahlenausbrüche ein Nachglühen im Röntgenbereich aufweisen, wird nur etwa bei der Hälfte von ihnen auch sichtbares Licht beobachtet. Die übrigen GRBs bleiben in diesem Spektralbereich seltsamerweise unsichtbar. Einige Wissenschaftler haben daher vermutetet, das optisch „dunkle“ Nachglühen könne ein Anzeichen für die Existenz einer ganz neuen Art von Gamma-Ray Bursts mit eigenem charakteristischen Explosionsmechanismus sein, beispielsweise durch die Verschmelzung von Doppelsternen.
Andere Forscher gingen jedoch davon aus, dass diese dunklen GRBs in extrem großer Entfernung stattfänden: Vorangegangene Untersuchungen hatten bereits den Verdacht geweckt, dass kosmischer Staub, der sich zwischen dem Ort des Ausbruchs und der Erde befindet, das Nachglühen abschwächen könnte.
GROND: Beoachtung von GRBs durch sieben Filter
Seit Ende 2004 kreist der NASA-Satellit Swift in der Erdumlaufbahn und kann Gammastrahlenausbrüche direkt und zeitnah nachweisen. Ist ein Ausbruch festgestellt, übermittelt der Satellit dessen Position am Himmel sofort an andere Teleskope, die sofort Ausschau nach dem Nachglühen des GRBs halten. Für die jetzt veröffentlichte Studie haben Astronomen die Daten von Swift mit Beobachtungen mit dem GROND- Instrument verknüpft, das speziell für die Beobachtung des Nachglühens von Gamma-Ray Bursts entwickelt wurde und am MPG/ESO 2,2 Meter-Teleskop auf La Silla in Chile eingesetzt wird. Auf diese Weise gelang es den Forschern, das Rätsel des optisch dunklen Nachglühens zu lösen.
Entscheidend für die Untersuchung des Nachglühens ist die Fähigkeit von GROND, im so genannten „Rapid Response Mode“ (wörtlich der „Schnelle-Reaktions-Modus“) innerhalb von wenigen Minuten nach der Entdeckung eines Bursts mit den Beobachtungen beginnen zu können. GROND beobachtet gleichzeitig in sieben Filterbändern, die sowohl sichtbares als auch nahinfrarotes Licht abdecken. Die Kombination der durch diese sieben Filter gewonnenen GROND-Daten mit den Swift-Beobachtungen ermöglichte es den Astronomen, das Nachglühen über weite Teile des elektromagnetischen Spektrums hinweg, nämlich von den Röntgenstrahlen bis zum Nahinfrarot, zu vermessen.
Staub schluckt bis zu 40 Prozent der Helligkeit
Aus so umfassenden Messungen lässt sich direkt die Menge an Staub bestimmen, die das Licht auf dem Weg zur Erde durchlaufen hat und die das Nachglühen abschwächt. Bei früheren Untersuchungen hatten die Astronomen den Einfluss des Staubes immer nur grob abschätzen können. Mit vergleichbar umfangreichen Sätzen an Beobachtungsdaten – sowohl von GROND als auch von anderen Großteleskopen einschließlich des Very Large Telescope der ESO – machten sich die Forscher daran, die Entfernungen nahezu aller Bursts in ihrer Beobachtungskampagne abzuschätzen.
Wie sich ergab, wird das Nachglühen bei einem nennenswerten Anteil davon durch Staub auf etwa 60-80 Prozent der ursprünglichen Helligkeit abgeschwächt. Die so genannte kosmologische Rotverschiebung sehr ferner Ausbrüche verstärkt diesen Effekt, so dass einen Beobachter auf der Erde lediglich noch 30-50 Prozent des Lichtes erreicht.
Die Schlussfolgerung der Astronomen: Die meisten der optisch dunklen Gammastrahlenausbrüche sind gerade diejenigen Ereignisse, bei denen das Nachglühen im sichtbaren Licht komplett vom Staub verschluckt wurde, bevor es uns erreichen konnte. „Verglichen mit vielen anderen Instrumenten an Großteleskopen ist GROND ein preiswertes und relativ einfaches Gerät. Dennoch war es in der Lage, das Rätsel der optisch dunklen Gamma-Ray Bursts endgültig aufzuklären“, erklärt Jochen Greiner vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching bei München, der Leiter der Studie.
(Max-Planck-Institut für Astronomie, ESO Science Outreach Network, 17.12.2010 – NPO)