Astronomie

Kohlenstoffreicher Exoplanet sprengt Theorien

Erster Vertreter einer völlig neuen Klasse von Exoplaneten entdeckt

WASP-12b und sein Stern © NASA / JPL-Caltech / R. Hurt (SSC)

Astronomen haben erstmals einen Planeten um einen anderen Stern identifiziert, dessen Atmosphäre mehr Kohlenstoff als Sauerstoff enthält. Damit eröffnet er eine ganz neue Klasse von Exoplaneten. Wie die Forscher in „Nature“ berichten, muss WASP-12b, ein so genannter „heißer Jupiter“, diesen Kohlenstoff bereits bei seiner Entstehung aufgenommen haben. Das aber bedeutet, dass es auch kleinere, erdähnlichere Exoplaneten geben könnte – und damit völlig neue Möglichkeiten der Lebensentstehung im All.

Der im Jahr 2008 entdeckte extrasolare Planet WASP-12b liegt rund 1.200 Lichtjahre von der Erde entfernt in der Konstellation Auriga und gehört zu den „heißen Jupitern“: Planeten, die etwas größer sind als der Gasriese unseres Sonnensystems, und ihren Zentralstern extrem nah umkreisen. WASP-12b tut dies sogar so nah, dass ein Teil seiner Atmosphäre bereits vom Stern abgesaugt wird und seine Oberflächentemperaturen bei ungemütlichen 2.200°C liegen. Der Theorie nach sollte die Atmosphäre eines solchen heißen Jupiters vor allem Wasserdampf enthalten, kombiniert mit sehr viel weniger Methan. Das Element Sauerstoff müsste daher rund doppelt so häufig vertreten sein wie Kohlenstoff.

Planetenlicht gibt Hinweise auf Atmosphären-Zusammensetzung

Jetzt jedoch hat ein Team von Astronomen genau diese Annahme wiederlegt. Unter Leitung von Joe Harrington von der Universität von Central Florida und Nikku Madhusudhan von der Princeton Universität nahmen die Forscher die Atmosphäre von WASP-12b noch einmal genauer unter die Lupe. Mit Hilfe des Spitzer-Weltraumteleskops der NASA analysierten sie das kurz vor dem Verschwinden des Planeten hinter seinem Zentralstern abgestrahlte Licht in vier Wellenlängenbereichen. Diese Daten ergänzten sie durch vorherige Beobachtungen in drei weiteren Wellenlängenbereichen durch das Canada-France-Hawaii Telescope auf Hawaii.

Die so gewonnenen spektrometrischen Daten werteten die Forscher dann mit Hilfe eines von Madhusudhan entwickelten Computerprogramms aus: Dieses berechnet unter anderem aus der Temperaturverteilung und physikalischen Gesetzmäßigkeiten die Häufigkeit der Atome und Moleküle in der Planetenatmosphäre und erzeugt daraus ein Spektralmodell in verschiedenen Wellenlängen, das mit dem tatsächlich gemessenen Spektrum verglichen werden kann. Über den Abgleich von Millionen Variablenkombinationen und eine statische Auswertung lässt sich so die wahrscheinlichste Zusammensetzung der Atmosphäre ermitteln.

„Heißer Jupiter“ WASP-12b - künstlerische Darstellung © NASA / JPL-Caltech / R. Hurt (SSC)

Mehr Methan, weniger Wasserdampf

Im Falle von WASP-12b ergab sich dabei Überraschendes: Entgegen bisherigen Annahmen enthält die Atmosphäre des Exoplaneten hundertfach mehr Methan und dafür deutlich weniger Wasserdampf als erwartet. Kohlenstoff ist damit dort vermutlich häufiger vertreten als Sauerstoff – dies ist sehr ungewöhnlich und eine Premiere für Exoplaneten. Auch fehlt WASP-12b offenbar eine deutlich abgegrenzte Stratosphäre, was nach bisherigen Theorien eigentlich der Fall hätte sein müssen.

Warum aber hat ausgerechnet WASP-12b eine so ungewöhnlich kohlenstoffreiche Atmosphäre? Nach Ansicht der Forscher deutet diese Entdeckung darauf hin, dass bereits die Bausteine der Planetenbildung kohlenstoffreiche Verbindungen ähnlich dem Teer enthalten haben müssen. In der Frühzeit des WSP-12-Systems kollidierten diese kohlenstoffreichen Gesteinsbrocken miteinander und ließen so nach und nach größere Himmelskörper wie WASP-12b entstehen.

Kohlenstoff-Planeten auch in erdähnlicherer Form möglich

Das aber hätte zwei Konsequenzen: Zum einen zeigt dies, dass die eisreichen, eher kohlenstoffarmen Gesteinsbrocken in unserem eigenen frühen Sonnensystem nicht die Regel sein müssen. Zum anderen aber bedeutet dies, dass auch andere, erdähnlichere Exoplaneten, eine kohlenstoffhaltige Atmosphäre und auch eine kohlenstoffhaltige Oberfläche besitzen könnten. Statt vorwiegend aus silikatreichem Gestein wie die Erde und die anderen Gesteinsplaneten des Sonnensystems, könnte es damit auch Planeten geben, deren Untergrund aus Graphit oder sogar Diamantmaterial besteht.

Neue Klasse von Exoplaneten

Damit entpuppt sich WASP-12b als erster Vertreter einer ganz neuen, exotischen Klasse von extrasolaren Planeten. Das wiederum hat auch Auswirkungen darauf, wo und wie möglicherweise Leben auf anderen Planeten entstanden sein könnte. „Es ist aufregend über die Möglichkeit nachzudenken, wie solche kohlenstoffreichen Planeten aussehen könnten“, erklärt Adam Showman, Planetenforscher an der Universität von Arizona. Zwar sei bereits zuvor bekannt gewesen, dass andere Planetensysteme theoretisch durchaus andere Kohlenstoff-zu-Sauerstoff-Verhältnisse haben könnten, „aber diese Studie verschiebt die Diskussion von purer Spekulation in die Realität.“

(Massachusetts Institute of Technology, 09.12.2010 – NPO)

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