Wenn die Temperaturen vor allem über dem Meer weiter ansteigen, droht dort ein Auflösen der kühlenden Wolkendecken. Warme Ozeane und sich abschwächende Passatwinde könnten dann einen Teufelskreis in Gang setzen, der den Klimawandel noch weiter anheizt. Wie amerikanische Wissenschaftler jetzt in „Science“ berichten, gelangt durch schwindende Wolken mehr Wärme zum Erdboden, dieser wiederum heizt die Atmosphäre auf und lässt die Wolkenschicht noch weiter schrumpfen.
Die Rolle der Wolken im Klimawandel ist bis heute nicht endgültig geklärt – unter anderem, weil wichtige Daten fehlen oder fehlerbehaftet sind. Noch ist daher nicht genau klar, was geschehen wird, wenn sich die Erdatmosphäre unter dem Einfluss zunehmender Treibhausgase weiter erwärmt. Werden sie sich auflösen und damit mehr Sonnenenergie und Sonnenwärme hindurch lassen? Oder wird sich die Wolkendecke verdichten, so dass die Sonneneinstrahlung gemindert und damit die globale Erwärmung gebremst wird?
Den Meteorologen Amy Clement und Robert Burgman von der Universität von Miami sowie Joel Norris von der Scripps Institution of Oceanography in San Diego ist jetzt ein weiterer Schritt zur Enthüllung dieses „Wolkenrätsels“ gelungen. Sie nahmen sich gezielt eines der in Bezug auf niedrige Schichtwolken am besten untersuchten Gebiete der Erde vor, den Nordosten des Pazifischen Ozeans. Hier standen genügend Datensätze zur Verfügung, um durch vergleichende Analyse Übereinstimmungen und Unstimmigkeiten herauszufiltern.
Erwärmung lässt Wolkendecke schwinden
Das Ergebnis der umfangreichen Analysen war ein Trend, der sich gleich in zwei Datensätzen, die jeweils über mehrere Jahrzehnte reichten, widerspiegelte. Offenbar nahm die Dichte der niedrigen Schichtwolken im Laufe der Beobachtungszeit ab – und zwar sowohl in den Daten, die von Beobachtungsschiffen aus gesammelt worden waren, als auch in den Messungen per Satellit aus der Erdumlaufbahn.
„Die Übereinstimmung, die wir zwischen den bodengestützten Beobachtungen und den Satellitendaten fanden, war fast schon schockierend”, erklärt Clement, Professorin für Meteorologie und physikalische Ozeanografie. „Das sind feine Veränderungen, die im Laufe von Jahrzehnten stattfinden. Es ist extrem ermutigend, dass ein Satellit, der Kilometer über der Erde vorbeifliegt, die gleichen Dinge registriert wie ein Matrose, der von einem Schiff aus in den wolkigen Himmel schaut.“
Klimamodelle meist noch ungenügend
Weitaus weniger ermutigend allerdings war die Tatsache, dass die meisten aktuellen Klimamodelle das Wolkenverhalten noch nicht ausreichend berücksichtigen haben. Um zu testen, ob die Beobachtungsdaten mit den theoretischen Vorhersagen übereinstimmten, wollten die Wissenschaftler das Szenario auch im Modell berechnen und für die Zukunft simulieren lassen. Ihr Verdacht: Nicht die Meereserwärmung allein bewirkt die Reduzierung der Wolkendecke, sondern auch eine Abschwächung der Passatwinde.
Doch nur ein einziges Modell, das des Hadley Centres des britischen Wetterdienstes, konnte die Beobachtungen der Forscher überhaupt in der Simulation reproduzieren. Zwar prognostizierten auch alle anderen eine Erwärmung des Ozeans, aber ihnen fehlte die wichtige Beziehung zwischen den Wolken und der atmosphärischen Zirkulation, wie sie aus den neu analysierten Beobachtungsdaten hervorgehen. „Wir haben noch einen langen Weg zu gehen, bis die Modelle alle korrekt sind“, so Burgmann. „Aber das Modell des Hadley Centre kann uns dabei die richtige Richtung weisen.“
Teufelskreis der Erwärmung
Aus dem Hadley-Modell geht klar hervor, dass sich die niedrigen Schichtwolken, die die Sonne zurzeit teilweise von der Sonneneinstrahlung abschirmen, sich auflösen, wenn das Klima wärmer wird. Schwinden jedoch die Wolken, erwärmt sich das Meer und damit steigen auch die Temperaturen der Atmosphäre weiter. Als Folge reduziert dies die Wolkendichte noch weiter.
„Das ist eine Art Teufelskreis, der die globale Erwärmung potenziell verstärken könnte“, so Clement. „Aber diese Ergebnisse liefern auch eine neue Art, Wolkenveränderungen zu interpretieren. Das könnte dazu beitragen, die Simulation von Wolken in Klimamodellen zu verbessern – und damit auch bessere Vorhersagen über zukünftige Klimaänderungen ermöglichen.“
(University of Miami, 27.07.2009 – NPO)