Die letzen Mammuts Nordwesteuropas lebten noch vor rund 14.000 Jahren – viel länger als bisher angenommen. Das enthüllte eine neue Datierung von in England gefundenen Mammutskeletten. Wie Wissenschaftler im „Geological Journal“ berichten, kehrten die Tiere offenbar nach dem Höhepunkt der letzen Eiszeit noch einmal zurück und starben erst aus, als Wälder das Grasland des Nordens verdrängten.
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Im Nordwesten Europas gelten die Wollmammuts, die dicht behaarten Elefanten der Eiszeit, seit 21.000 Jahren als ausgestorben. Auf dem Höhepunkt der letzen Eiszeit wurden sie vom Vorrücken des Eises vom britischen Kontinent vertrieben – so jedenfalls bisher die gängige Lehrmeinung. Doch jetzt haben Wissenschaftler des Natural History Museum in London neue Erkenntnisse gewonnen, die dieses Bild als falsch entlarven. Das Team um Professor Adrian Lister ist spezialisiert auf die Erforschung von „Aussterbelücken”: kleinen Reliktpopulationen von Arten, die tausende von Jahren länger überleben als das Gros ihrer Spezies.
Neudatierung enthüllt Überraschendes
In Shropshire, England, wurden bereits im Jahr 1986 die fossilen Skelette von mindestens fünf Mammuts ausgegraben. Die Knochen gehören zu einem fast vollständig erhaltenen erwachsenen Tier und vier Jungen. Sie wurden zwar direkt nach ihrer Entdeckung datiert, doch genau diese Altersbestimmung haben die Forscher nun mit modernen Methoden noch einmal überprüft. Sie analysierten nicht nur die Knochen selbst, sonder auch Insektenreste, sowie die Zusammensetzung des umgebenden Sediments am Fundort.
Dabei erlebten die Wissenschaftler eine Überraschung. Denn die Knochen waren viel jünger als gedacht: „Bisher nahm man an, dass die Mammuts in Nordwesteuropa vor rund 21.000 Jahren ausstarben“, erklärt Lister. „Unsere neuen Radiokarbondatierungen der Condover-Mammuts ändern dies. Sie zeigen, dass Mammuts nach Großbritannien zurückkehrten und dort bis vor rund 14.000 Jahren überlebten.“
Klima, nicht Jagd, als Aussterbe-Ursache?
Die Knochenfunde sind damit nicht nur die jüngsten Mammutrelikte in Nordwesteuropa, sie tragen auch zur Diskussion darüber bei, warum die Tiere ausstarben. Strittig ist bis heute, ob ein Klimawandel oder aber die Jagd durch den Frühmenschen – oder sogar beides zusammen – der Grund ihres Niedergangs war.
„Die neuen Daten zu den letzen lebenden Mammuts korrelieren zeitlich sehr genau mit einer Periode der Klimaveränderungen, in der vorrückende Wälder das offene Grasland des eiszeitlichen Lebensraums verdrängten“, erklärt Lister. „Das liefert uns eine plausible Erklärung zum Verschwinden der Mammuts.“ Denn die Tiere gehörten zu den großen Grasfressern ihrer Zeit, im Wald fanden sie nicht genügend geeignete Nahrung.
Eine Ausrottung durch nacheiszeitliche Bewohner der britischen Inseln hält der Forscher dagegen für eher unwahrscheinlich: „Es gab zwar auch Menschen in dieser Region während der Lebenszeit der Mammuts, aber es gibt bisher keine Hinweise auf starke Bejagung der Tiere“, so Lister.
(Wiley / Geological Journal, 18.06.2009 – NPO)