Sechs junge Männer sind momentan Teil eines außergewöhnlichen Experiments in Moskau. Als Teilnehmer der Mission Mars500 leben sie 105 Tage lang hermetisch abgeschottet im Nachbau einer Raumstation, um einen Flug zum Mars zu simulieren. Deutsche Forscher untersuchen dabei, wie sich der Salzhaushalt des Menschen unter Extrembedingungen verhält. Die Experimente haben über die Weltraummedizin hinaus möglicherweise weitreichende Bedeutung für die Prophylaxe von Bluthochdruck.
Kochsalz ist ein unverzichtbarer Nahrungsbestandteil. Doch was vor Jahrhunderten ein rares und teures Gut war, stellt heute eine unüberschaubare Belastung dar. Kochsalz ist in Nahrungsmitteln als Konservierungsmittel und Geschmacksverstärker weit verbreitet, und es ist unbestritten, dass die tägliche Kochsalzzufuhr in Industrieländern weit über dem tatsächlichen Bedarf liegt. Wie der Körper mit vermehrt zugeführtem Kochsalz umgeht und welche langfristigen Gesundheitsfolgen sich daraus ergeben, ist aber umstritten.
Lebensmittel nach Maß
Forscher um Dr. Jens Titze von der Universität Erlangen-Nürnberg haben umfangreiche tierexperimentelle Untersuchungen durchgeführt, die darauf hinweisen, dass es bislang unbekannte Kochsalzspeicher im Organismus gibt.
„Das Projekt Mars500 gibt uns die einmalige Gelegenheit, die Kochsalzzufuhr beim Menschen kontrolliert zu verändern, dabei Kochsalzaufnahme und -ausscheidung zu bilanzieren und Auswirkungen auf den Blutdruck und viele andere Körperfunktionen zu messen“, erläutert Titze. Industriepartner stellen dazu vorgefertigte Lebensmittel mit einer täglichen Gesamtmenge von sechs bis zwölf Gramm Kochsalz für das Projekt in Moskau bereit. Eine Mitarbeiterin des Teams ist seit November 2008 ständig vor Ort, um die Experimente zu begleiten.
Weniger Flüssigkeit für Raumfahrer
Das neue Projekt hat für die Weltraumforschung unmittelbar praktische Relevanz. Wenn man die Kochsalzzufuhr problemlos reduzieren kann, müssten die Raumfahrer auch weniger Flüssigkeit aufnehmen. „Das würde die knappe Lagerkapazität in den Raumfahrzeugen erheblich entlasten und zählt doppelt“, so Titze.
Über die Raumfahrt hinaus sollen die Experimente aber auch wichtige Fragen zur Rolle der Kochsalzzufuhr für die Blutdruckregulation klären. Vermehrte Kochsalzzufuhr gilt als Risikofaktor für die Entwicklung eines Bluthochdrucks.
Kochsalzkonsum reduzieren?
„Sollten die Blutdruckwerte bei den gesunden Probanden unter reduzierter Kochsalzgabe fallen, wäre das ein starkes Argument, für die Allgemeinbevölkerung eine Reduktion des Kochsalzkonsums zu empfehlen“, erläutert Professor Dr. Kai-Uwe Eckardt von der Klinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten am Universitätsklinikum Erlangen und Klinikum Nürnberg.
„Da Bluthochdruck etwa ein Drittel der Bevölkerung betrifft und wesentlich zu Herz- und Nierenerkrankungen sowie Schlaganfällen beiträgt, hat die Frage enorme präventivmedizinische Relevanz.“ Parallel zu den Experimenten am Menschen führen die Wissenschaftler Forschungsprojekte durch, um die molekularen Zusammenhänge zwischen Kochsalzzufuhr und Blutdruckregulation besser zu verstehen.
(idw – Universität Erlangen-Nürnberg, 14.04.2009 – DLO)