Einem Team aus deutschen und amerikanischen Biologen und Physikern ist es gelungen, 15 Millionen Jahre alte Bernstein-Mikrofossilien erstmals mit Synchrotron-Röntgen-Strahlen zu untersuchen und dabei eine bisher unbekannte Hornmilbenart zu rekonstruieren. Wie die Forscher im Fachblatt „Journal of Paleontology“ berichten, machten die faszinierenden Aufnahmen aus dem Synchroton sogar innere Strukturen wie Organe sichtbar.
Über 15 Millionen Jahre ruhte ein kleiner Bernstein aus dem Harz einer längst ausgestorbenen Baumart – Hymenaea protera – in der El-Mamey Formation der Dominikanischen Republik. Anfang der 1990er Jahre entdeckten amerikanische Wissenschaftler darin Kleinstfossilien aus der Gruppe der Hornmilben (Oribatida).
Urmilben lebten vor 380 Millionen Jahren
Diese Milben gehören zu den Spinnentieren, und ihre ältesten Fossilien belegen, dass ihre Vertreter bereits im Devon vor etwa 380 Millionen Jahren auf unseren Planeten lebten – und bis heute leben. Man kennt bislang etwa 10.000 verschiedene Hornmilbenarten. Viele davon tummeln sich auch in heimischen Gefilden, und zwar in den Böden unserer Wälder in einer beeindruckenden Dichte von mehreren hunderttausend Individuen pro Quadratmeter.
Die Wissenschaftler um Michael Heethoff von der Universität Tübingen wollten das dominikanische Kleinstfossil mithilfe von Röntgenstrahlen genauer untersuchen. Wegen der geringen Größe der Probe (nur knapp über ein Millimeter) sind hierzu besondere technische Einrichtungen notwendig, wie sie nur am Teilchenbeschleuniger der European Synchrotron Facility in Grenoble (Frankreich) zur Verfügung stehen.
Hornmilbe vollständig rekonstruiert
Die Wissenschaftler verwendeten die neue Methode der nicht-invasiven Phasenkontrast-Mikro- Computertomographie mit Synchrotron-Röntgen-Strahlen, um die im Bernstein eingeschlossene und bislang unbeschriebene Hornmilbe der Gattung Neoliodes vollständig zu rekonstruieren und als neue Art, Neoliodes dominicus, zu beschreiben.
Dabei konnten sie erstmals nicht nur die äußere Beschaffenheit der Tiere untersuchen, sondern auch herausfinden, was an inneren Organen nach der langen Zeit im Bernstein noch erhalten ist. So fanden sie heraus, dass das untersuchte Tier ein Weibchen ist und ein Ei mit einem Embryo in sich trägt.
Weder Fossil noch Bernstein beschädigt
Das Besondere bei den Untersuchungen war, dass Fossil und Bernstein keinen Schaden nahmen, also wieder in Museumssammlungen überführt werden konnten und somit auch für künftige Forschung verfügbar sind.
In den Museen der Welt lagern große Mengen von in Bernstein eingeschlossenen Kleinstfossilien, die meist sehr schlecht erforscht sind, da man die Proben bei der Untersuchung nicht zerstören möchte.
Die Arbeit mit der Hornmilbe zeigt nun nach Angaben der Forscher einen Weg auf, wie diese wertvollen Fossilien bezüglich ihrer äußeren und inneren Anatomie verlustfrei untersucht werden können.
(idw – Universität Tübingen, 21.01.2009 – DLO)