Seit langem gibt es Hinweise, dass Virusinfektionen Herzrhythmusstörungen auslösen können. Die molekularen Grundlagen dafür haben jetzt Berliner Forscher entdeckt. Der Rezeptor, den das Virus nutzt, um Herzzellen zu befallen, erfüllt normalerweise eine lebensnotwendige Aufgabe. In Mäusen erbrachten die Forscher den Nachweis, dass der Rezeptor für einen regelmäßigen Herzschlag sorgt. Fehlt er, kommt es zu Rhythmusstörungen.
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Die Forscher um Ulrike Lisewski, Dr. Yu Shi, Michael Radke und Professor Michael Gotthardt vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch ziehen im Fachblatt „Journal of Experimental Medicine“ daraus den Schluss, dass bei Virusinfektionen oder Autoimmunerkrankungen die Funktion des Rezeptors gestört werden kann und dadurch der Herzschlag aus dem Takt gerät.
Zwei Kammern und zwei Vorhöfe
Das Herz besteht aus zwei Herzkammern und deren Vorhöfen. Damit es schlägt und Blut durch den Körper pumpt, erzeugen spezialisierte Herzmuskelfasern elektrische Signale, die den Herzschlag steuern. Herzrhythmusstörungen entstehen, wenn diese Signale nicht richtig gebildet oder weitergeleitet werden. Eine entscheidende Rolle spielt dabei ein Rezeptor, den Wissenschaftler kurz CAR nennen.
CAR steht für Coxsackievirus-Adenovirus-Rezeptor. Er sitzt in bestimmten Zell-Zell-Kontakten (Tight Junctions) der spezialisierten Herzmuskelfasern. Er wurde nach diesen Viren benannt, da sie den Rezeptor benutzen, um Herzzellen zu befallen. Seine natürliche Funktion im ausgewachsenen Herzen war bisher nicht bekannt.
Um herauszufinden, welche Aufgabe der Virusrezeptor im gesunden Organismus hat, schalteten die MDC-Forscher das CAR-Gen in erwachsenen Mäusen aus. Die Mäuse bildeten den Rezeptor nicht mehr und entwickelten eine Herzrhythmusstörung. „Das ist eine interessante Beobachtung“, so Gotthardt, „da diese speziellen Zell-Zell- Kontakte, die Tight Junctions, bisher nicht mit Herzrhythmuserkrankungen in Verbindung gebracht worden sind.“
Übertragung der elektrischen Signale gestört
Eine genauere Untersuchung der Tiere zeigte, dass die Übertragung der elektrischen Signale von den Vorhöfen auf die Herzkammern gestört ist. „Fehlt CAR, kann das elektrische Signal nicht weitergeleitet werden und das Herz nicht richtig schlagen“, sagt Shi.
Jetzt will Gotthardt bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen prüfen, ob bei ihnen CAR blockiert ist. „Die Störungen müssen jedoch nicht immer mit einer Virusinfektion zusammenhängen“, erklärt Gotthardt. „Auch körpereigene Antikörper, die sich gegen CAR richten, könnten die Krankheit auslösen.“
(idw – Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch, 19.09.2008 – DLO)