Technik

Papierdünne Kamera nach Insektenprinzip

Anwendung in Chipkarten oder Airbagauslösern möglich

Lichteinfall beim Insektenauge © Fraunhofer-Gesellschaft

Normalerweise ist eine Kamera immer mindestens so dick sein wie die Brennweite ihres Objektivs, doch es geht auch anders: Nach dem Vorbild von Insektenaugen haben Wissenschaftler einen Kamerachip zur Personenerkennung konstruiert, der nach dem Facettenaugen-Prinzip arbeitet und so dünn ist wie Papier.

Wenn Menschen Insekten wären, würden Bücher über Optik sicher anders aussehen. Neben dem Schnittbild des Auges mit nur einer Linse, einer Pupille und einer Netzhaut wäre als technisches Analogon kein gewöhnlicher Fotoapparat abgedruckt. Eine Insektenkamera besäße viele hundert Einzelaugen. Jede Facette, bestehend aus Linse und Fotozelle, filmt einen engen Winkel der Umwelt. Rechnerisch entsteht daraus das Gesamtbild. Eine besonders hohe optische Auflösung könnten Insektenmenschen damit nicht erreichen, doch besitzt ein solches Aufnahmeprinzip andere Vorteile: Der Sehapparat wäre sehr flach und könnte ein weites Bildfeld erfassen.

Genau diese Vorteile inspirierte Forscher vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF zu ihrem ultraflachen Kamerasystem, das sie vom 22. bis 25. Juni auf der Messe Optatec in Frankfurt am Main ausstellen. „Unsere neueren Prototypen sind bereits dünner als 0,4 Millimeter“, betont Andreas Bräuer, der in Jena den Bereich Mikrooptik leitet. „Wer spüren will, wie wenig das ist, sollte drei Seiten Kopierpapier zwischen die Finger nehmen.“ Kameras mit herkömmlicher „Säugetieroptik“ – etwa solche, die in Mobiltelefone eingebaut werden – liegen bestenfalls bei sieben Millimetern Länge.

Ziel der Entwicklung sind all jene Anwendungen, in denen die aufklebbaren Sensorhäute ihre geringe Stärke ausspielen können. Bereits jetzt werden sie wie Chips auf Wafern gefertigt. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung, um sie in Zukunft kostengünstig weil großtechnisch herstellen zu können. Nun geht es darum, die Kamera in industrietaugliche Serienmodelle umzusetzen. Wichtigster Schritt dabei ist, das Linsensystem mit Empfänger-Arrays zu verbinden, beispielsweise mit einem CMOS-Chip. Optik samt Elektronik sind dann so flach, dass sie sich in eine Chipkarte mit 0,8 Millimeter Stärke integrieren ließen.

„Sieht“ diese Chipkarte, dass sie ein Fremder benutzt, könnte sie den Geldtransfer verweigern. Nur eine Vision? Interessante Anwendungen eröffnen sich auch für Fahrerassistenzsysteme im Auto: Anstelle eines glotzenden Kameraauges fügt sich ein dezent graues Quadrat in das Innendesign des Wagens ein. Aus Blickrichtung oder Augenbewegungen des Fahrers könnten Insektenkameras dem Bordcomputer einen drohenden Sekundenschlaf melden. Eine weitere Idee: Je nachdem, ob eine magersüchtige Dame oder ein feister Kerl im Auto sitzt, löst der Airbag vergleichsweise zart oder deftig aus.

(Fraunhofer-Gesellschaft, 15.06.2004 – NPO)

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