Medizin

Künstlicher Darm soll Tierversuche eingrenzen

Hochschule Kaiserslautern

Tierversuche sind oft unverzichtbar, wenn es um medizinische Forschung geht. Wenn es nun gelingen würde, funktionsfähige Organe im Labor zu züchten, könnte man Tests an Lebewesen deutlich reduzieren oder sogar komplett darauf verzichten. Diesen Ansatz verfolgt das Projekt „Tissue Engineering von Geweben in komplexen Hydrogelen mittels dreidimensionaler elektrischer und magnetischer Stimulation“ der Hochschule Kaiserslautern.

Das Tissue Engineering (Gewebekonstruktion oder Gewebezüchtung) von voll funktionsfähigen komplexen Geweben und Organen ist eine Herausforderung der Regenerativen Medizin. Mit 3D-Drucktechniken ist es bereits möglich Strukturen zu generieren, die zumindest morphologisch denen von Organen ähneln. Heute schon können Zellen und Biomaterialien kombiniert und Schicht für Schicht gedruckt werden, um biomedizinische Teile herzustellen, welche die gleichen Eigenschaften wie natürliches Gewebe haben. Doch der Druckprozess setzt die Zellen einem enormen Stress aus, viele überleben die Prozedur nicht. „In unserem Projekt wird ein zellschonenderer Ansatz verfolgt, mit dem das Zellwachstum unter Einwirkung von magnetischen und elektrischen Feldern gezielt beeinflusst wird“, informiert Prof. Monika Saumer vom Standort Zweibrücken der Hochschule Kaiserslautern, die zusammen mit insgesamt neun Arbeitsgruppen an dem stark interdisziplinär angelegten Projekt beteiligt ist. Die Forscher werden ein mikro-elektro-mechanisches System (MEMS) entwickeln, in dem durch die Kombination von Mikro- und Nanobauteilen komplexe dreidimensionale Gleich- und Wechselfelder in unterschiedlichen Stärken generiert werden und auf die Zellen einwirken können.

„Wir bringen ein Hydrogel, ein gelatineähnliches Produkt, mit lebenden Zellen in einen Container ein. Die elektrischen und magnetischen Felder, die wir für die Wachstumssteuerung der Zellen verwenden, kommen auch in der Natur vor. Unser Ziel ist es, dass die eingesetzten Nerven- und Muskelzellen, beziehungsweise deren Vorläuferzellen, histologisch korrekt orientiert und zu einer funktionsfähigen Gewebeeinheit zusammenwachsen“, sagt Prof. Saumer. „Aus der Literatur und eigenen Arbeiten kennen wir die Größenordnungen von elektrischen und magnetischen Feldern, die eine Auswirkung auf das Zellwachstum haben. Nun müssen wir noch die ideale Kombination von Signalstärke und Frequenz herausfinden.“ Am Ende soll ein funktionsfähiges Stück Darm entstehen. Das Darmgewebe kann dann für Medikamententests oder für die Erforschung der Wirkungen von Nährstoffen benutzt werden. Tierversuche werden somit reduziert oder sogar unnötig. „Wir können vielleicht in fünf Jahren soweit sein, dass erste Medikamententests möglich werden“, bemerkt Prof. Saumer. Bereits jetzt sind am Projekt zwei Firmen aus dem Pharma-Sektor beteiligt. Auch einen Einsatz des Darms als Ersatzgewebe eines erkrankten oder fehlenden Darmabschnitts beim Menschen sei auf längere Sicht möglich, so Saumer.

Quelle: Hochschule Kaiserslautern

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