Umwelt

Ozeane voller Blei…

…Quecksilber ist auch dabei

Genauso global vertreten wie viele der organischen Schadstoffe sind auch anorganische Umweltgifte: Schwermetalle wie Cadmium, Blei und Quecksilber scheiden Säugetiere ebenfalls kaum aus, stattdessen sammeln sie sich in der Leber und im Fettgewebe an. Eine größere Dosis führt zu akuten Vergiftungserscheinungen wie Muskelschmerzen, Übelkeit, Schwindel und Durchfall. Störungen im Nervensystem führen zu Konzentrationsschwäche, Verwirrtheit und sogar Lähmungen. In Extremfällen kommt es zum Tod durch Leber- oder Nierenversagen.

Dumm durch Schwermetalle?

Eine solch hohe Menge nimmt man aus der Umwelt jedoch im Normalfall nicht auf. Stattdessen erfolgt die Belastung eher schleichend über einen langen Zeitraum. Auch hier sind besonders Kinder die Leidtragenden: Quecksilber stört das Knochenwachstum und kann so Missbildungen verursachen. Mit organischen Verbindungen kombiniert wirkt es als endokriner Disruptor.

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Mit Industrieabgasen geraten große Mengen Schwermetalle in die Atmosphäre und verteilen sich auf der ganzen Welt.

Die Entwicklung des Gehirns ist dadurch ebenfalls stark beeinträchtigt: Schätzungen zufolge führt allein die Belastung mit Quecksilber in der EU zu einem Verlust von etwa 600.000 IQ-Punkten pro Jahr. Schwermetalle wie Blei, Arsen oder Mangan senken ebenfalls die Denkleistung und fördern Hyperaktivität.

Giftstoffe in Rauch und Regen

In die Umwelt gelangen Schwermetalle vor allem als Abfall- oder Nebenprodukt, also nicht willentlich ausgebracht wie etwa die organischen Pestizide. Besonders Industrieabgase sind reich an diesen Giftstoffen. Mit dem Rauch aus Kohlekraftwerken und Müllverbrennungsanlagen gelangen die Metalle hoch in die Atmosphäre. Dort binden sie an Staub und Wassertröpfchen und können jahrelang in der Atmosphäre verweilen. Aus Quecksilber entsteht dort auch das hormon-aktive Methylquecksilber. Mit dem Regen fallen die Giftstoffe schließlich zurück auf die Erde und belasten dort Wasser und Nahrungspflanzen.

Wie groß und langanhaltend der menschliche Einfluss ist, zeigen Untersuchungen aus den südamerikanischen Anden: Als dort die spanischen Eroberer in großem Stil nach Silber gruben, kümmerten sie sich wenig um den Umweltschutz. Sie importierten Quecksilber aus Mexiko und nutzen das flüssige Schwermetall, um das Silber aus zermahlenem Erz zu lösen. Dabei setzten sie auch darin enthaltenes Blei frei. Die giftigen Relikte dieser Abbaupraxis sind heute noch in örtlichen Seesedimenten, aber auch im Gletschereis entlegener Andengipfel nachweisbar.

Abgase von Kraftfahrzeugen waren jahrzehntelang eine bedeutende Quelle von Blei in der Umwelt. © freeimages

Blei und Quecksilber aus der industriellen Revolution

Die Schwermetall-Verschmutzung nahm mit dem Zeitalter der Industrialisierung weiter zu – und zwar schlagartig. Noch bevor die ersten Menschen im Jahr 1911 den Südpol erreichten, waren vom Menschen verursachte bleihaltige Abgase bereits dort. Eisbohrkerne lassen darauf schließen, dass bereits seit den 1880er Jahren der antarktische Schnee zunehmend mit Blei belastet war. Diese Zeit deckt sich mit dem Beginn von Bleiabbau und -verhüttung in Südaustralien, auch die Isotopenverteilung des gefundenen Bleis passt dazu.

In den folgenden Jahrzehnten blieb die Belastung mit Blei konstant hoch. Verantwortlich dafür waren vor allem bleihaltige Treibstoffe für die damals noch neuen Verbrennungsmotoren. Daran änderte erst das Aufkommen von bleifreiem Benzin in den 1980er Jahren etwas. Seitdem hat sich die Situation deutlich verbessert: Die gemessenen Bleigehalte in der Atmosphäre sinken seit den 1990ern weltweit, auch im Schnee der Antarktis sinken die Konzentrationen.

Doppelte Menge in 50 Jahren

Beim Quecksilber ist allerdings noch wenig Besserung in Sicht: Besonders in den Ozeanen steigen die Konzentrationen des Schwermetalls seit Jahren an. Seit dem Beginn der industriellen Revolution hat sich die Quecksilbermenge im Oberflächenwasser verdreifacht. Forscher schätzen, dass im Lauf der nächsten 50 Jahre noch einmal dieselbe Menge hinzukommen könnte wie in den vergangenen 150 Jahren.

Das schlägt sich auch in der Tierwelt nieder: Thunfische im Pazifik enthalten seit etwa 20 Jahren ebenfalls drastisch gestiegene Mengen von Quecksilber. Die Fische sind ein wichtiger Speisefisch, egal ob in Dosen oder ganz frisch als Sushi – doch mit jeder Portion kommt auch das Quecksilber auf den Teller. Und nicht nur der Mensch ist betroffen: Delfine und Wale leben ebenfalls von belastetem Fisch und können nicht auf unbelastete Nahrungsquellen ausweichen. Der zynische Nebeneffekt: Der hohe Quecksilbergehalt macht das Fleisch der Delfine praktisch ungenießbar und dient als Argument gegen die blutige Delfinjagd in Japan.

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Ansgar Kretschmer
Stand: 12.06.2015

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

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