41° 46′ Nord, 109° 58′ Ost: Die autonome Region Innere Mongolei der Volksrepublik China. Während hier früher der Mongolenherrscher Dschingis Khan sein Unwesen trieb, befindet sich dort heute die lebhafte Millionenstadt Baotou. Nur wenige Kilometer vom Zentrum der Metropole entfernt stößt man auf die Mine Bayan Obo, einer der größten Tagebaue der Welt. Bayan Obo ist aber nicht irgendeine x-beliebige Erz-Lagerstätte, die Mine ist seit einigen Jahren das Herz der Seltene Erden-Produktion im Reich der Mitte – und damit auch weltweit.
Minen ohne Ende
Über die Hälfte der globalen Förderung an Neodym, Lanthan & Co stammte laut der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) 2010 aus Bayan Obo. In den 570 bis 1.000 Millionen Jahre alten Gesteinen aus dem Erdzeitalter des Oberen Proterozoikums lagern bis zu 35 Millionen Tonnen an Seltenen Erden. Zum Vergleich: Im letzten Jahr wurden weltweit gerade mal rund 130.000 Tonnen an Seltenen Erden abgebaut.
Doch Bayan Obo ist längst nicht Chinas einziges Seltene Erden-Vorkommen. Auch in vielen anderen Provinzen des Landes werden die weltweit begehrten und teuren Rohstoffe in großem Maßstab aus dem Boden geholt. Ein großer Anteil der raren schweren Seltenen Erden stammt dabei aus dem Süden Chinas, wo es neben einigen großen staatlichen Produktionsstätten auch zahlreiche illegale Betriebe gibt. Aus letzteren stammt nach aktuellen Angaben der BGR fast die Hälfte des weltweiten Angebots an schweren Seltenen Erden.
Weltkarte der Seltenen Erden
So weit so gut. Doch warum ist gerade China nahezu Monopolhalter bei der Förderung und beim Export Seltener Erden? Konzentrieren sich in seinen Landesgrenzen alle Lagerstätten für diese Rohstoffe? Ein Blick auf die Weltkarte der Seltenen Erden vermittelt ein anderes Bild. Danach verfügt China zwar über rund 38 Prozent der Reserven, der große Rest ist jedoch in anderen Regionen zu finden. Dazu gehören unter anderem die Staaten der früheren Sowjetunion mit 19 Prozent, die USA mit 13 Prozent sowie Australien und Indien mit fünf bzw. drei Prozent.
Doch wenn nicht die Rohstoffverteilung, was ist dann schuld daran, dass China heute der einzige ernst zu nehmende Global Player in Sachen Seltene Erden ist? Gleich zwei Gründe waren nach Ansicht von Experten für den Siegeszug der chinesischen Rohstoffe in den letzten 20 Jahren entscheidend: Preis-Dumping und gravierende Umweltprobleme beim Abbau und der Aufbereitung der Seltenen Erden.
So konnte das Niedriglohnland China aufgrund geringer Personal- und Produktionskosten sowie fehlender Umweltauflagen die Rohstoffe ab Anfang der 1990er Jahre viel günstiger und reichhaltiger anbieten als seine Konkurrenten. Es überschwemmte mit seinen Seltenen Erden sogar regelrecht den Weltmarkt. Die Minenbetreiber im Land des damaligen Marktführers USA oder in anderen Ländern hatten das Nachsehen.
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„Drecksarbeit“ für China
Hinzu kam: „Beim Abbau von Seltenen Erden fallen im Bergbau sehr große Mengen an Rückständen an, die giftige Abfälle enthalten. Diese werden in künstlichen Teichen, umgeben von einem Damm, abgelagert. Ein Dammdurchbruch […] kann zu zerstörerischen Umweltauswirkungen mit spezifischen Emissionen von Thorium, Uran, Schwermetallen, Säuren und Fluoriden führen. Darüber hinaus enthalten die meisten Seltenen Erden-Lagerstätten radioaktive Materialien, die Gefahren wie das Austreten von Radioaktivität in den Luft- oder Wasserpfad bergen“, beschreibt das Öko-Institut einige der wichtigsten Gefahren die vom Seltene Erden-Bergbau ausgehen.
Warum nicht die „Drecksarbeit“ und die Umweltprobleme den Chinesen überlassen? Und stattdessen lieber Rohstoffe aus dem Reich der Mitte zu konkurrenzlos niedrigen Preise einkaufen? Dies dachte sich so mancher Politiker, Unternehmer und Wirtschaftsboss in den Industrieländern und setzte voll auf Chinas Seltene Erden. Dass deshalb fast alle nicht mehr rentabel arbeitenden Minen in den USA, Japan oder Australien schlossen, war ihnen gleich. Dieses „Setzen auf eine einzige Karte“ ging solange gut, bis China anfing, dem Rest der Welt die Daumenschrauben anzusetzen…
Dieter Lohmann
Stand: 13.05.2011