Um die Farbbalance der OLEDs zu verbessern, ist vor allem eine neue Generation blauer Emitter nötig. Zu diesen zählen unter anderem die chemisch sehr beständigen Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAKs). Für die OLEDs interessant sind dabei Varianten dieser ringförmigen Kohlenstoffverbindungen, die sich vom elektrisch leitenden Graphit und seiner Sonderform Graphen ableiten.
Im Graphen sind Kohlenstoffatome zu einem zweidimensionalen Gitter aus aneinandergrenzenden, sechseckigen Ringen zusammengefügt. Sie bilden eine bienenwabenförmige Struktur aus vielen Benzolringen – wie ein mikroskopisch kleiner Maschendrahtzaun. Dieses Gitter besitzt äußerst attraktive optische und elektronische Eigenschaften. Für die PAKs, auch Nanographene genannt, nutzt man Ausschnitte aus dieser Struktur.
Bor im Kohlenstoffgerüst
Um die optischen und elektronischen Eigenschaften eines PAKs maßzuschneidern, hat man sich zunächst darauf konzentriert, seine Ränder chemisch zu manipulieren. In den letzten Jahren versteht man es jedoch zunehmend, auch die innere Struktur zu verändern, indem man Fremdatome in das Kohlenstoffgerüst einbettet. Hier kommt, neben Stickstoff und Schwefel, dem Bor eine herausragende Bedeutung zu.
Im Periodensystem der Elemente steht Bor eine Position links von Kohlenstoff, weshalb es ein Elektron weniger in seiner Valenzschale besitzt. Borhaltige PAKs nehmen deshalb sehr leicht und reversibel Elektronen auf, um dieses Defizit auszugleichen. Diese Eigenschaft ist essenziell, um den erforderlichen Elektronentransport innerhalb der Emitterschicht eines OLED-Halbleiters zu gewährleisten.
Seitengruppen als Zerfallsschutz
Die Integration von Boratomen in das Kohlenstoffgerüst wirkt sich auch auf die optischen Eigenschaften der Nanographene positiv aus, da auf diese Weise deren Leuchtkraft wesentlich gesteigert und die Lichtwellenlänge in den gewünschten Farbbereich verschoben werden kann. Durch Variation der Molekülstruktur lässt sich auch das vollständige Farbspektrum abdecken. Zu Beginn konnte man das volle Potenzial borhaltiger PAKs aber nur eingeschränkt nutzen, weil die meisten Vertreter empfindlich gegenüber Luft und Feuchtigkeit sind.
Inzwischen jedoch haben die Frankfurter Farbstoffe für die blauen Emitter entwickelt, bei denen dieses Problem nicht mehr auftritt. Der Grund: Die Boratome sind in dieser Verbindung durch sperrige Seitengruppen wie in einem Käfig vor dem Angriff von Sauerstoff oder Wasser geschützt. Durch diese chemische Anpassung erfüllen bordotierte Nanographene nun die entscheidenden Kriterien für ein vielversprechendes OLED-Material.
Was bringt die Zukunft?
Anwendungen für die optimierten OLEDs gibt es in Zukunft viele: Transparente OLEDs wären in Windschutzscheiben von Autos integrierbar, wo sie vor Staus oder Gefahren warnen und den Weg weisen könnten. Für künftige Generationen von Smartphones und Tabletcomputern wird an flexiblen Foliendisplays geforscht, die sich platzsparend einrollen lassen, wenn die Geräte nicht im Gebrauch sind.
Denkbar sind auch leuchtende Tapeten, deren Farbtönung an die Stimmung des Bewohners angepasst werden kann und die auch als Heimkino nutzbar sind. OLEDs können in naher Zukunft neue Möglichkeiten eröffnen, die heute noch nach Science-Fiction klingen. Die chemische Forschung wird dazu ihren Beitrag leisten.
Matthias Wagner und Valentin Hertz / Forschung Frankfurt
Stand: 04.03.2016