Zoologie

Das geht auf die Nerven…

Wie Krankheitserreger und Insektizide die neuronalen Prozesse der Bienen beeinträchtigen

Dass Krankheit und Gifte die neuronale Prozesse der Bienen beeinträchtigen, zeigte sich auch in Lernversuchen mit einem Duft als Signalreiz. Die Wissenschaftler verglichen hier die Fähigkeiten von Varroa- und Nosema-befallenen Arbeiterinnen beim Duftlernen mit denen gesunder Tiere.

Honigbiene saugt an einem Honigtropfen © Waugsberg / GFDL

Es zeigte sich, dass zwar beide Krankheiten die Lernfähigkeit schwächten, sich dies aber jeweils in anderen Aspekten auswirkte. Sind die Bienen von Varroa-Parasiten befallen, nimmt ihre Fähigkeit zur Sensibilisierung und Habituation ab. Von Nosema befallene Tiere schneiden dagegen bei der assoziativen Konditionierung des Rüsselstreckreflexes schlechter ab. Sogar für Viruserkrankungen wurde mittlerweile eine Verschlechterung des Lernverhaltens berichtet.

Belohnung durch ein einzelnes Neuron ausgelöst

Doch was geschieht eigentlich im Gehirn der Biene beim Duftlernen? Hierüber wissen die Bienenforscher bereits eine ganze Menge. Im Gehirn der Biene repräsentiert ein einzelnes Neuron, das Neuron VUMmx1, den Belohnungsstimulus während der Duftkonditionierung. Ist dieses Neuron aktiviert, zum Beispiel durch Präsentation von Zuckerwasser, wird der neuromodulatorische Botenstoff Oktopamin ausgeschüttet. Er verändert die duftinduzierte Aktivität von Neuronen in einem besonderen Gehirnareal, dem Pilzkörper.

Schema eines Bienengehirns. © Forschung Frankfurt

Zentralorgan des Gedächtnisses

Dieser Pilzkörper nimmt eine zentrale Bedeutung bei der Gedächtnisbildung ein. Das zeigten Experimente, bei denen die Forscher beispielsweise vor dem Lernen oder vor dem Gedächtnisabruf Lokalanästhetika in den Pilzkörper injizierten. Diese Behandlung unterdrückt für einige Stunden die elektrische Aktivität von Neuronen. Es zeigt sich, dass die Tiere unter lokaler Betäubung des Pilzkörpers zwar noch einfache Lernassoziationen bilden können. Doch komplexere Lernformen sind komplett gestört, der Transfer gelernter Informationen in andere Hirnareale und auch der Abruf von Gedächtnisinhalten ist unmöglich. Ähnlich wirken Substanzen, die den Acetylcholinrezeptor der Biene blockieren. Sie unterdrücken die synaptische Übertragung im Pilzkörper.

Insektizide legen Pilzkörper lahm

Offensichtlich hat dieser Transmitterrezeptor eine wichtige Funktion bei der Gedächtnisbildung. Er besitzt biophysikalische Eigenschaften, die ihn zu einem zentralen Schalter für zelluläre Gedächtnisbildung im Insektengehirn machen. Und hier schließt sich der Kreis, denn die Insektizide, die die Frankfurter Forscher untersuchen, wirken exakt auf diesen Transmitterrezeptor.

Die Stoffklasse der Neonicotinoide wirkt als Aktivator des Acetylcholinrezeptors. Dass Imidacloprid im Bienengehirn tatsächlich so wirkt, fanden die Wissenschaftler mit Patch-Clamp- Experimenten heraus. Bei diesen wird mit feinen Glaselektroden von weniger als einem Mikrometer Durchmesser ein elektrischer Kontakt zur Zellmembran eines Neurons hergestellt. Über die Elektrode lassen sich nun gezielt Membranpotenziale und –ströme messen. Sie sind ein wichtiger Hinweis auf die Aktivität der Nervenzelle.

In den Patch-Clamp-Versuchen an den Bienenneuronen zeigte sich, dass die neonicotinoide Insektizide sowohl die synaptische Übertragung sowohl bei der Duftverarbeitung als auch beim Duftlernen durcheinander bringen.

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Forschung Frankfurt / Bernd Grünewald, Christof Schneider und Stefan Fuchs
Stand: 05.02.2010

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Honigbienen: Superhirn im Überlebenskampf
Wie Parasiten, Krankheit und Gift die Fähigkeiten der sozialen Insekten beeinträchtigen

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Ein Chip als Rucksack
Individuelles Flugverhalten als Indiz für Pestizidwirkung

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