Zoologie

Der Weg der Wölfe

Gibt es eine Wanderroute der Wölfe nach Deutschland?

Die Freude der Naturschützer über die deutschen Wölfe scheint jedoch verfrüht: Denn der Nachschub der Wölfe von Polen nach Deutschland ist bedroht. Das kleine Rudel in der polnischen Grenzregion ist mittlerweile durch Inzucht gefährdet und aus den großen Wäldern im Osten finden nur wenige Wölfe ihren Weg über Straßen und an Städten vorbei nach Westen. Doch vielleicht können Wölfe ja noch über einen anderen Weg nach Deutschland kommen? Und was ist mit den Wölfen im Süden Polens? Woher kommen sie?

Der Höhenwanderweg

Wolf in Alaska © Mörschel/WWF

Zuwachs könnten die Wolfsrudel auf beiden Seiten der deutsch-polnischen Grenze aus den Karpaten bekommen. An den westlichen Gebirgsausläufern im Süden Polens leben fast 200 Wölfe. Wolfsforscher vermuten seit langem, dass es einen „Wanderweg“ für Wölfe entlang der Karpaten gibt. Aus den Großbeständen in Zentralrumänien sollen sie über die Ukraine und die Slowakei angeblich bis nach Polen laufen. Klar ist, dass viele Wolfsrudel entlang der Karpaten von Rumänien bis nach Polen leben. Fraglich ist jedoch, ob diese Lebensräume miteinander verbunden sind. Und wenn sie ein zusammenhängendes Gebiet bilden, muss erst noch geklärt werden, ob die Wölfe den Weg auch nutzen, um nach Mitteleuropa zu wandern?

Wo ist der Weg der Wölfe? © Peter Sürth

Nach den Antworten auf diese Fragen sucht Peter Sürth. Der Wildtierexperte hat Erfahrung: Sieben Jahre arbeitete er schon mit Wölfen in einem Projekt in Rumänien. Das „Großwildprojekt der Karpaten“ widmete sich der Erforschung, dem Schutz und dem Management des Wildtierbestandes von rund 5.000 Bären und 3.000 Wölfen.

Seit 2003 plant Peter Sürth sein eigenes Projekt, den „Weg der Wölfe“. Er will herausfinden, ob Wölfe tatsächlich von Rumänien entlang der Karpaten über Polen nach Deutschland wandern. Um wissenschaftliche Belege für die verbreitete Theorie zu finden, will der studierte Wildtiermanager den „Weg der Wölfe“ selber laufen: „Nur wenn ich die Lebensräume sehe, kann ich beurteilen, ob Wölfe sie annehmen. Mögliche Hindernisse auf ihrem Weg sind auf der Karte nur schwer zu erkennen“.

Die Exkursion

Im Sommer dieses Jahres hat Peter Sürth auf einer 16-wöchigen Expedition erste Anhaltspunkte für die Vernetzung der Lebensräume gesammelt. Jeden Tag hat er auf einer Karte, die gefundenen Spuren von Wölfen und ihren Beutetieren eingetragen. Anhand der Information schätzt er, wie weit und wohin die Tiere wandern. Die sicherste Methode, den Wanderweg eines Wolfes zu verfolgen, ist das Tier mit einem kleinen Sender auszustatten. Mit einem Empfänger kann Peter Surth dann dem Wolf in angemessenem Abstand folgen und die Route auf einer Karte festhalten. Leider fehlte dem Wissenschaftler 2005 noch ein Sponsor für das teure Gerät.

Neben einem Fotografen haben ihn auch Wolfstouristen auf seinem Weg begleitet und in der Arbeit unterstützt. Es ist dem Wildexperten wichtig mit seinem Projekt das Image des Wolfs in den Köpfen der Menschen zu ändern. Und wie ginge das besser, als die Zuschauer bis in die „erste Reihe“ zu führen?

In der letzten Woche wanderte die Expedition entlang der nördlichen Karpaten von der Ukraine, an Polen vorbei durch die Slowakei nach Deutschland © Peter Sürth

Forscher gehen bisher davon aus, dass Wölfe aus den Karpaten nur bis Südpolen wandern. Der erfahrene Wolfsspezialist will nun herausfinden, ob der Weg in Südpolen endet, oder über die Slowakei und Tschechei bis nach Deutschland reicht. Der natürliche Lebensraum dort wäre für Wölfe zwar geeignet, doch „die vielen Hochstände in der Slowakei und Tschechei machen mir Sorgen“ fügt Peter Sürth hinzu. Die Vermutung, dass es im Dreiländereck Deutschland, Polen und der Tschechei keine Wölfe gibt, hat der Experte schon widerlegt: „Im März habe ich in Südpolen, 150 Kilometer vor der deutschen Grenze ein Reh gesehen, das wahrscheinlich von einem Wolf gerissen wurde. Auch die Spuren waren höchstwahrscheinlich von einem Wolf.“

Die nächsten Schritte

„Der Weg der Wölfe“ ist jedoch noch lange nicht abgeschlossen. „Die erste Exkursion hat den Stein ins Rollen gebracht“ sagt Peter Sürth zufrieden. Die Ergebnisse haben ihm einen Überblick gegeben, welche Gebiete er jetzt genauer untersuchen muss. Eines davon in Rumänien nimmt er bereits ab November unter die Lupe. In einer Feldforschungstudie wird er mit freiwilligen Helfern anhand von Spuren die Anzahl der Wölfe einschätzen. Die nächste große Exkursion steht im Frühjahr 2006 an. Da geht es von der hohen Tatra über die Kleinen Karpaten bis in die Alpen.

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Stand: 30.09.2005

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Comeback der Wölfe
Neubeginn zwischen Faszination und Schrecken

Die Chronologie eines Wiedersehens
Von den ersten Schritten bis zu den jüngsten Welpen

Freud und Leid - Der Wolf ist da
Zwei Seiten einer Medaille

Wüste, Gebirge, Ewiges Eis – der Wolf ist überall
Auf der Suche nach einer neuen Heimat

Der Weg der Wölfe
Gibt es eine Wanderroute der Wölfe nach Deutschland?

Wer hat Angst vorm „bösen“ Wolf?
Mensch trifft Wolf

Märchen, Monster, Mythen - und Wahrheit
Eine Geschichte von Angst und Bewunderung

Von Rudelführern und Heulsusen
Das soziale Verhalten der Raubtiere

Der Wolf im Zielfernrohr
Der Jäger wird gejagt

Hunde im Schafspelz, Lappen und Elektroschocker
Wie Schafe sich den Wolf vom Hals halten

Warum Wölfe Manager brauchen
Die Zukunft von Isegrim

Steckbrief
Kurzinfos zum Wolf

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