Tuberkulose, HIV und Malaria sind – in dieser Reihenfolge – die drei tödlichsten Infektionskrankheiten des Menschen. Im Jahr 2016 fielen ihnen weltweit fast drei Millionen Menschen zum Opfer, weit mehr als 90 Prozent davon entfallen auf Entwicklungs- und Schwellenländer. Die Erreger könnten unterschiedlicher kaum sein, doch eines haben sie gemeinsam: Sie nehmen vor allem die Armen ins Visier. Jede Krankheit hat dabei seine ganz eigenen Tricks, die sie so gefährlich machen.
Die Erreger im Einzelportrait
Der Erreger der Tuberkulose – Mycobacterium tuberculosis – ist äußerst hartnäckig. Die Bakterien besitzen eine dicke und stabile Zellwand und verstecken sich in den Fresszellen des Immunsystems. Dort sind sie nicht nur vor dem Immunsystem des Körpers, sondern auch vor Antibiotika geschützt.
Das Humane Immundefizenz-Virus (HIV) ist ebenfalls ein wahrer Überlebenskünstler. Zunächst versteckt es sich im Genom von T-Zellen vor dem Immunsystem, nach mehreren Jahren erst entwickeln die Betroffenen dann die Immunschwäche Aids. Ein Heilmittel konnten Forscher noch nicht entwickeln, denn durch seine hohe Mutationsrate entwischt ihnen das Virus immer wieder.
Eine Malaria beginnt immer mit einem dünnen Summen. Infizierte Mücken übertragen mit ihrem Stich den Malaria-Erreger meistens unbemerkt in unsere Blutbahn. Die einzelligen Plasmodien dringen – nach einem Zwischenstopp in der Leber – in unsere Erythrozyten ein und vermehren sich dort explosionsartig. Die Betroffenen merken erst was passiert ist, wenn starke Fieberschübe immer wieder ihre Körper durchschütteln.
Malaria mag es (w)arm
Aber warum sind diese Krankheiten so ungleich auf der Welt verteilt? Für Malaria spielt besonders das Klima eine Rolle. Nur wenn es warm und feucht genug ist, fühlen sich die Überträger – Mücken der Gattung Anopheles – wohl und die Parasiten könne sich in ihnen entwickeln. Optimale Bedingungen finden die Plasmodien demnach rund um den Äquator.
Die blutsaugenden Überträger treffen arme Menschen besonders hart, denn diese können sich nur schwer schützen. So lassen schlecht gebaute Häuser mehr Mücken hinein, mit Insektizid imprägnierte Netze sind teuer und Slums bieten den Insekten mehr Nistplätze. Für eine arme Familie ist Malaria eine enorme finanzielle Belastung. Der Parasit kostet sie ein Viertel ihres Einkommens, denn die Erwachsenen können nicht mehr zur Arbeit. Infizierte Kinder können nicht zur Schule und oft nur eingeschränkt lernen, denn die Plasmodien befallen in ernsten Fällen auch das Gehirn. Fehlende Bildung macht ein Entkommen aus der Armutsspirale noch schwieriger.
Tuberkulose gestern und heute
Bei der Tuberkulose spielt die geografische Breite hingegen keine Rolle: Im 18. und 19. Jahrhundert war die Lungenkrankheit auch in Europa noch als weißer Tod gefürchtet und forderte Millionen Menschenleben, darunter auch die von Frédéric Chopin, Friedrich Schiller und Franz Kafka.
Heute lässt sich leicht vorhersagen, wie stark ein Land von der Schwindsucht betroffen ist. Zwei Zahlen reichen aus – das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und der Entwicklungsindex (HDI). Je niedriger beide Werte, desto ärmer die Bevölkerung und desto eher treten Tuberkulose-Risikofaktoren auf. So sind häufiger jene infiziert, die zu wenige Proteine aufnehmen, viel rauchen und ihre Häuser noch mit alten Holz- und Kohleöfen heizen.
HIV
Die Verbindung zwischen HIV und Armut ist dagegen kompliziert und umstritten. Manche Forscher sehen Prostitution, Migration und die Verheiratung Minderjähriger als Risikofaktoren, die vor allem die Armen treffen. In den meisten Ländern Afrikas zieht sich die Infektion aber durch alle Schichten, egal ob arm oder wohlhabend.
In den reichen USA verknüpft eine Studie HIV und Ungleichheit hingegen eindeutig: In armen Stadtvierteln sind 2,1 Prozent der heterosexuellen Bevölkerung HIV-positiv – 20-mal mehr als unter allen Heterosexuellen in den USA. Je geringer das Einkommen und schlechter die Schulbildung, desto höher ist hier das Infektionsrisiko. So wandelt sich eine Krankheit, die früher nur mit weißen, homosexuellen Männern assoziiert wurde, in eine Tragödie für die Armen.
Yannick Brenz
Stand: 06.04.2018