Vampire sind – so sagt es die Legende – die absoluten Herrscher der Nacht. Wenn die Sonne untergegangen ist und nur noch blasses Mondlicht die Welt erhellt, sind sie in ihrem Element. Anders sieht es allerdings am Tage aus. Wie nachtaktive Tiere ziehen sich Vampire tagsüber zurück. Während Katze, Eule und Co. jedoch nur ein ruhiges Plätzchen zum Schlafen brauchen, sind Vampire auch tags auf absolute Dunkelheit angewiesen. Denn die sagenhaften Blutsauger zerfallen sofort zu Staub, wenn auch nur ein Strahl Tageslicht auf sie fällt. Vampire können also nur im Dunkeln überleben, das jedoch sehr lange Zeit. Wenn ein Vampir alle Regeln seiner Zunft einhält, kann er mehrere Jahrhunderte alt werden.
Der Ursprung des Dracula-Mythos liegt in Ungarn. Dort trieb im 15. Jahrhundert der grausame Graf Vlad Tzepes „Dracul“ sein Unwesen. Die Lieblingsbeschäftigung des Grafen war das Pfählen. Wer ihm widersprach, wurde anstandslos auf einen Pfahl gespießt. Wenn der Graf zu einem seiner zahlreichen Feldzüge gegen seine Lieblingsfeinde, die Türken antrat, hinterließ es jedes Mal ganze Felder mit Leichenbergen und gepfählten Opfern. Der Graf soll aber auch Maschinen für das Zerstückeln, Braten und Sieden lebender Menschen ersonnen haben. Ironie des Schicksals: seinen eigenen Tod soll Vlad Tzepes angeblich auch auf einem spitzen Pfahl gefunden haben.
Ein ganzer Zweig der Filmindustrie lebt von dem Mythos, der auf den grausamen Grafen Vlad Tzepes aufgebaut wurde. Christopher Lee und Bela Lugosi sind wohl die bekanntesten Vampire von Hollywood. An die 100 Kinofilme, TV-Filme und Serien sind über Dracula und seine Artgenossen gedreht worden. In den letzten Jahren haben die Neuverfilmung von Bram Strokers „Dracula“ und der Film „Interview with the Vampire“ nach dem Buch von Anne Rice für volle Kinokassen gesorgt. Auch die Literatur schöpft immer noch reichlich aus dem Mythos. Bram Stokers „Dracula“ von 1897 ist wohl nach wie vor das bekannteste Buch über die Wesen mit den spitzen Zähnen, gefolgt von zahlreichen weiteren Veröffentlichen zum Thema. Anne Rice, die mit „Interview with the Vampire“ ihren großen Durchbruch hatte, veröffentlicht alle paar Jahre ein neues Werk aus einem scheinbar unerschöpflichen Fundus von Vampir-Geschichten.
Ein Vampir wird man in der Regel, – so jedenfalls lautet die Überlieferung – wenn man von einem gebissen wird. Manchmal muß man aber wiederum das Blut des Vampirs trinken, um nicht ein kärgliches Dasein als Vampir-Sklave führen zu müssen, sondern auch Zugang zu den erlauchten Kreisen der ranghohen Blutsauger zu bekommen. Vampire ernähren sich ausschließlich von Blut. Und zwar am liebsten natürlich von menschlichem Blut, aber in schlechten Zeiten würden Vampire auch schon mal auf Blut von Ratten oder sonstigen Säugetieren zurück greifen, wird erzählt.
Angeblich wirksame Werkzeuge gegen Vampire sind ein gespitzter Pfahl, ein Kruzifix, viel Knoblauch oder Tageslicht.
Nur der Pflock durchs Herz oder das Tageslicht kann einen Vampir wirklich töten, wie berichtet wird. Aber selbst diese alten erprobten Methoden können versagen. Denn manche der blutrünstigen Wesen können offenbar jahrhundertelang als Asche „existieren“ und ein paar Tropfen Blut lassen sie prompt wieder auferstehen. Da Vampire eine gewisse Macht über den menschlichen Willen besitzen und ihnen eine starke erotische Ausstrahlung zu eigen sein soll, gibt es immer wieder Menschen, die ihnen helfen. Aus dem Grund sterben Vampire wohl nie richtig aus.
Der Mythos Vampir ist mit der menschlichen Faszination für Blut untrennbar verbunden. Der rote Saft steht per se für das Leben. Der Glaube an die Kraft des Blutes ist uralt. Die Inkas opferten das Blut von etlichen Menschen für die Götter, um deren Gunst zu erhalten. Die Kelten tranken das Blut ihrer besiegten Gegner, um deren Mut zu erlangen. Im Blut ist, so glauben viele Kulturen, das Leben und die Kraft der Organismen gespeichert. Einige Naturvölker trinken das Blut der Verstorbenen, um so ihrer Erinnerungen zu erhalten. Vampire machen im Grunde nichts anderes: Sie nutzen die Kraft der menschlichen Energy-Drinks, um ihr Leben unendlich zu verlängern und übermenschliche Kräfte und Fähigkeiten zu erlangen.
Vampire repräsentieren als nachtaktive Wesen die dunkle Seite des Lebens. Die Blutsauger sind meistens sehr schlau, aber besitzen natürlich keine Gefühle, sondern nur „tierische“ Instinkte. Das macht sie zu seelenlosen und kalten Geschöpfen, die jedoch auch daher über eine enorme Macht über die Menschen verfügen.
Die Tiere, die eindeutig zum Mythos Vampir gehören, sind Fledermäuse. Fledermäuse umflattern fast immer die düsteren Gemäuer, in denen die Vampire wohnen. Die meisten Vampire sind in der Lage, sich in Fledermäuse zu verwandeln. Der lange Umhang, der für das Image der Vampire der ersten Dracula-Filmen unerlässlich war, symbolisiert die Flügel der Fledermaus. Die südamerikanische Vampirfledermaus verdankt ihren Namen ihrer Liebslingsnahrung. Sie fügt Tieren kleine Wunden zu und leckt das heraustropfende Blut. Weitere Tiere wie Wölfe, Katzen und Eulen kommen nur als Randfiguren und gruselige Stimmungsmacher beim Mythos Dracula vor.
Stand: 26.07.2000