Oft trifft es Vögel, dann wieder Fische und manchmal auch Krabben. Dass aber selbst eines der gefährlichsten Raubtiere der Erde nicht vor einem urplötzlich auftretenden Massensterben gefeit ist, zeigt ein Blick nach Südafrika.
170 Tote Krokodile
Dort sind es die bis zu sechs Meter langen Nilkrokodile, die Wissenschaftlern wie Danie Pienaar im Kruger-Nationalpark (KNP) und seiner Umgebung große Sorgen machen. Innerhalb von wenigen Monaten wurden dort im Jahr 2008 über 170 Kadaver bei Exkursionen und Helikopterrundflügen an den Flüssen Olifants und Letaba entdeckt. Bei rund 1.000 Tieren Gesamtbestand ein ernstes Problem. Zumal die Dunkelziffer laut Pienaar ziemlich hoch ist. Da Krokodile zum Kannibalismus neigen, könnten viele verendete Tiere bereits von Artgenossen verspeist worden sein, bevor die Forscher und Wildhüter sie zu Gesicht bekommen haben.
Ursache Pansteatitis
Die Ursache für das Krokodilsterben war schnell gefunden. „Es ist Pansteatitis, eine Entzündung des Fettgewebes. Sie entsteht, weil der Körper seinen Vorrat an Antioxidantien wie Vitamin A und E aufgebraucht hat und sich selbst angreift. Das Körperfett verhärtet und wird gelb, die Tiere sterben“, berichtet der Cheftierarzt des KNP, Markus Hofmeyr in der „Welt“.
Zu der Erkrankung kann es beispielsweise kommen, wenn Krokodile verrotteten oder ranzigen Fisch fressen. Doch ein größeres Fischsterben hatte es in den Flüssen Olifants und Letaba zuvor nicht gegeben. Ein eilig zusammen gerufenes Expertenteam zudem neben den KNP-Mitarbeitern auch Professor Henk Bowman von der North-West Universität und der Krokodilexperte Fritz Huchzermeyer von der International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) gehörten, stand, was den Ursprung der Krankheit betrifft, zunächst vor einem Rätsel.
Kadaver werden verbrannt
Mittlerweile gibt es jedoch zumindest eine Vorstellung, wie sich die Infektion so schnell verbreitet haben könnte. Die Wissenschaftler vermuten, dass sich gesunde Krokodile durch ihren Hang zum Kannibalismus angesteckt haben. „Sie infizieren sich durch das Fressen befallenen Fettes und anderer Gewebe und tragen so zur Verbreitung der Krankheit bei“, erklärte Pienaar im August 2008. „Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, haben wir beschlossen, alle entdeckten Kadaver aus den Flüssen zu entfernen zu verbrennen.“
Das Team nahm damals zudem bei in freier Natur lebenden Krokodilen Blut- und Gewebeproben und entließ sie danach mit Plastikmarkern versehen wieder in die Freiheit. Ergebnis der anschließenden Analysen: bei sieben von elf gefangenen Tieren wurden bereits veränderte Fette entdeckt. Dies deutete auf eine hohe Infektionsrate der Nilkrokodile im Kruger-Nationalpark hin – und ließ in den nächsten Jahren zahlreiche weitere Todesfälle befürchten.
Gefährliche Umweltverschmutzung?
Und in der Tat bestätigten sich die Vermutungen der Wissenschaftler. Denn auch im Jahr 2009 wurden zahlreiche tote und kranke Krokodile in der Region entdeckt. Pienaar geht mittlerweile davon aus, dass es von nun an jedes Jahr im Olifants Fluss ein Krokodilsterben geben wird. Und das solange, bis die Nilkrokodile in der Region ausgestorben sind.
Laut dem KNP deutet zudem vieles darauf hin, dass der Tod all dieser Krokodile ein Symptom der ernsten und wachsenden Umweltprobleme im Flusssystem des Olifants ist – die Einleitung von gefährlichen Bergbauabwässern oder die Verseuchung mit Pestiziden aus der Landwirtschaft inklusive.
Dieter Lohmann
Stand: 14.01.2011