Schon im 1. Jahrhundert v. Chr. erwähnte Plinius in seiner „Historia naturalis“, dass Walnussbäume anscheinend eine hemmende Wirkung auf andere Pflanzen ausüben. In der Umgebung des Baumes wachsen kaum andere Pflanzen.
Der Grund für dieses Phänomen: Der Walnussbaum (Juglans regia) produziert einen Wirkstoff, das Juglon, das die Keimung anderer Pflanzen hemmt. Auf diese Weise wird verhindert, dass sich unliebsame Konkurrenten in der Nähe breit machen. Die zu Boden fallenden Blätter des Baums geben das Juglon, ein Naphtochinon, frei. Durch den Regen wird die Substanz in den Boden geschwemmt, dort nehmen keimende Pflanzen es über die Wurzeln auf.
Diese Vermeidung von Konkurrenz durch die Abgabe chemischer Verbindungen wird Allelopathie genannt. Allelopathisch wirkende Substanzen, meist sind es sekundäre Pflanzenstoffe, bildet nicht nur der Walnussbaum. Zahlreiche Pflanzen beeinflussen auf diese Weise Keimung, Wachstum und Entwicklung von Konkurrenten. Die Hemmstoffe können aber auch gegen Insekten oder Pilze eingesetzt werden.
Die Partner der Konkurrenz ausschalten
So produziert etwa das Heidekraut Substanzen, die Mykorrhiza-Pilze hemmen. Diese Pilze schaden dem Heidekraut zwar nicht, sie gehen aber eine Symbiose mit den Wurzeln von Bäumen ein, denen sie verschiedene mineralische und organische Verbindungen im Tausch gegen Kohlenhydrate liefern. Für ein günstiges Wachstum von Bäumen sind die Mykorrhiza-Pilze also erforderlich. Indem das Heidekraut diese Pilze hemmt, unterbindet es so die Entwicklung einer Waldvegetation und erhält sich seinen offenen Lebensraum.
Auch einige Gerstenarten gehen gegen Pilze vor. Über die Produktion von Hordein beugen sie einem Befall mit Drechslera teres, einem pathogenen Pilz, vor. Reis verhindert eine Infektion mit Fusarien, indem er verschiedene Aminosäuren über die Wurzeln ausscheidet.
Die Strategie des Apfelbaums
Ähnlich wie der Walnussbaum dagegen sorgen zum Beispiel Eukalyptusbäume, Sonnenblumen und Nadelbäume dafür, dass die Keimung von Konkurrenten unterbleibt. Der Apfelbaum hindert sogar den eigenen Nachwuchs daran, sich in seiner unmittelbaren Umgebung auszubreiten. Seine Wurzeln geben das sogenannte Phlorizin direkt in den Boden ab. Diese Vorstufe ist noch unwirksam und wird erst durch die Mikroflora des Erdreiches aktiviert. Dabei entstehen Phloroglucin, Phloretin und phenolische Säuren, die verhindern, dass andere Apfelkerne auskeimen. Selbst wenn der Baum abgeholzt wird, wachsen danach lange Zeit keine weiteren Apfelbäume an dieser Stelle.
Indem der Baum zunächst ungiftige Vorstufen bildet, die erst im Boden zu den wirksamen Komponenten umgewandelt werden, schützt er sich selber vor dem eigenen Gift. Andere Pflanzen verpacken ihre chemischen Waffen in Milchröhren, Drüsen, Zellvakuolen oder Ölbehältern, wo sie keinen schädlichen Einfluss auf das eigene Gewebe nehmen können.
Die allelopathische Beeinflussung soll nun in Indien eine praktische Anwendung finden. Seit das Kartoffelkraut (Parthenium hysterophorus) aus Mexiko eingeschleppt wurde, breitet es sich immer weiter auf den Plantagen aus und verdrängt wertvolle Nutzpflanzen. Auf über fünf Millionen Hektar Anbaufläche wuchert das Unkraut bereits – eine chemische Bekämpfung hat sich als nutzlos erwiesen. Daher sollen allelopathisch wirkenden Leguminosen helfen. Laut Berechnungen könnte man das Kartoffelkraut-Problem durch den Anbau dieser Pflanzen innerhalb von vier bis fünf Jahren in den Griff bekommen.
Stand: 06.06.2002