Medizin

Geh doch zum Arzt…

Patient im Jahr 2050

„Geh doch zum Arzt!“ sagt meine Großmutter besorgt zu mir, nachdem ich ihr die auffälligen Hautflecken auf meinem rechten Arm gezeigt habe. „Geh doch zum Arzt!“ wiederhole ich ihre Worte, schüttle leicht meinen Kopf und kann mir dabei ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ich war noch nie beim Arzt.

Noch Zukunftsmusik: die Krebsprognose auf den Smartphone © SXC/NCI

Nicht, dass ich von der Natur mit einer übermäßigen körperlichen Konstitution gesegnet wurde, ganz im Gegenteil. Mit Anfang 20 erkrankte ich an Hodenkrebs, später gesellte sich Diabetes dazu. Und jetzt evtl. Hautkrebs. Aber deswegen zum Arzt? Zumal es sich bei den Flecken auf dem Arm nur um eine virtuelle Projektion auf meinem Smart-Phone handelt. Wie damals als bei mir Hodenkrebs und Diabetes diagnostiziert wurden. Auf meiner Haut ist nichts zu sehen, noch nicht.

„Aber Oma, das ist doch nur eine Warnung, dass ich sehr wahrscheinlich bald an Hautkrebs erkranken könnte. Ich muss doch jetzt nur hier klicken und an meinem virtuellen Ich werden verfügbare Medikamente getestet. Dann bekomme ich den optimalen Medikamenten-Mix gleich zugeschickt und der Krebs wird nie ausbrechen“, sage ich zu ihr und zeige dabei auf die App auf meinem Smart-Phone.

Persönliche Genomdaten im Computer © SXC/gemeinfrei

Ein virtuelles Abbild

„Ach, du mit deinem ganzen Technik-Kram. Ich halte es noch immer für einen Fehler, dass deine Eltern damals zugestimmt haben, ein virtuelles Alter Ego von dir anlegen zu lassen. Wie soll das denn helfen? Ein Mensch ist doch viel zu komplex, als dass man ihn mit Hilfe eines Computers abbilden könnte!“ erwidert sie ein wenig erbost. Seit 2012 europaweit das ‚IT Future of Medicine‘-Programm gestartet war, gab es viele Kritiker und Zweifler. Ebenso wie meine Großmutter glaubten sie nicht, dass es möglich sein könnte, basierend auf den persönlichen Genomdaten und einer effizienten Analytik Krankheiten zu heilen, geschweige denn Krankheiten prognostizieren und patientenspezifisch präventiv behandeln zu können. Und das individuell für jeden einzelnen Menschen.

Aber ich bin froh, dass meine Eltern nicht zu dieser Gruppe gehörten. Ich finde es eher fahrlässig, dass man zu Zeiten meiner Großmutter Patienten mit Medikamenten behandelt hat, von denen man gar nicht wusste, ob diese überhaupt bei allen Menschen eine Wirkung haben. Jeder Mensch und daher auch jede Erkrankung ist ja verschieden. Schließlich hat man ja auch schon damals Crash-Tests nicht an echten Autos, sondern an Automodellen auf Computern simuliert.

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Alexander Kühn /MPI für molekulare Genetik
Stand: 27.04.2012

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Der virtuelle Patient
"Gesundheit 2050" - Preisgekrönter Beitrag zum Essay-Wettbewerb

Geh doch zum Arzt…
Patient im Jahr 2050

Virtuelles Alter Ego als Versuchskaninchen
Personalisierte Medizin macht Behandlung effektiver

Hilfe gegen den Kollaps
Virtueller Patient schont das Gesundheitssystem

Meine Daten gehören mir
Die Sache mit dem Datenschutz

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