Das Forschungsfach Geochronologie hält eine große Palette weiterer Methoden bereit, um jung und alt voneinander zu unterscheiden. Die Basis dafür liefert die Natur selbst, die zeitliche Abläufe und Veränderungen in vielen Materialien aufzeichnet und archiviert, etwa in Hölzern oder Sedimenten. Wir müssen eigentlich nur lernen, die Zeitaufzeichnungen der Natur zu lesen – und richtig zu interpretieren.
Jahresringe in Holz und Sediment
Neubildungen oder Ablagerungen von Materialien werden von den Jahreszeiten beeinflusst. Das geschieht beispielsweise, wenn Bäume wachsen: Die jahreszeitlichen Rhythmen lassen sich im Holz gleichsam abzählen und das Alter des Baumes – unter günstigen Bedingungen – bis auf ein Jahr genau bestimmen. Diese Baumringdatierung, die Dendrochronologie, hat inzwischen mitteleuropäische Chronologien geschaffen, die rund 14.000 Jahre zurückliegen. Baumholzdatierungen spielen, wie die C14-Datierungen, eine große Rolle in der Archäologie, beispielsweise um herauszufinden, wann eine Siedlung oder ein Wall errichtet wurde.
Die Warvenchronologie oder Bodentondatierung hingegen wertet die Schichtungen von Sedimenten aus. Im Sediment von Seen lagert sich – ähnlich wie bei den Jahresringen von Bäumen, im Sommer eine etwas anders zusammengesetzte und auch meist anders gefärbte Schicht ab als im Winter. Aus der Abfolge und Dicke dieser Schichten lässt sich daher rekonstruieren, wie alt eine Sedimentschicht ist, aber auch, welche ökologischen und klimatischen Bedingungen zu jeder Zeit herrschten. Diese Art der Altersbestimmung reicht in einzelnen Fällen 40.000 bis 70.000 Jahre zurück. Warven werden auch häufig genutzt, um zu rekonstruieren, wie Klimaveränderungen die Umwelt vergangener Zeiten beeinflussten.
Alter verrät sich am Leuchten
Andere Methoden zur Altersbestimmung nutzen geringe Spuren natürlicher radioaktiver Elemente in Mineralen und Keramiken. Die von diesen Elementen ausgehende Strahlung führt dazu, dass Elektronen beispielsweise in Quarz und Feldspat an bestimmten Störungen im Kristallgitter quasi festgesetzt werden. Diese Störungen wirken auf Elektronen wie Mulden einer Oberfläche auf Kugeln: Sie können hineinrollen, kommen aber nicht von selbst wieder heraus. Dadurch bleibt die Energie des radioaktiven Zerfalls in diesen Materialien gespeichert. Erst wenn sie zusätzliche Energie in Form von Licht oder Wärme erhalten, kommen die Elektronen wieder frei, wechseln ihre Position und geben dabei überschüssige Energie als Leuchten (Lumineszenz) ab.
Die Intensität der Lumineszenz-Strahlung verrät, wie lange das Material ungestört die Energie seiner radioaktiven Einschlüsse gesammelt hat. Deshalb lässt sich dadurch das Alter der Untersuchungsobjekte bis auf mindestens 100.000 Jahre zurück zu bestimmen. Diese Verfahren zur Altersbestimmung werden als Thermolumineszenz oder als Optisch Stimulierte Lumineszenz bezeichnet.
Bernd Kober, Bernd Kromer / Ruperto Carola , Universität Heidelberg
Stand: 30.11.2012