Technik

Ich spreche, also bin ich…

Sprache als Maßstab für Intelligenz?

Hal ist ein ziemlich munteres kleines Geschöpf im besten Krabbelalter. Er brabbelt, redet und radebrecht wie es ein normales 15 Monate altes Kleinkind eben so tut. Das Krabbeln allerdings wird der Kleine wohl niemals lernen. Denn Hal ist ein Computer. Er ist – zumindest nach Ansicht seiner Schöpfer – eines der ersten künstlich intelligenten Programme, die Alltagssprache „verstehen“.

Lernen wie ein Mensch

Im Gegensatz zu konventionellen Spracherkennungsprogrammen, bei denen die Computer mithilfe statistischer Methoden endlose Listen von Vokabeln mit ebenso langen Listen von Grammatikregeln verknüpfen, soll Hal Sprache auf die gleiche Weise lernen, wie es auch der Mensch tut. Ausgerüstet mit kaum mehr als einer Handvoll einfacher Lernalgorithmen „lernt“ Hal, indem ihm seine „Eltern“, Forscher der Firma „Artificial Intelligence Enterprises“ in Tel Aviv, Kindergeschichten in die Tastatur tippen und auf die „Äußerungen“ des Rechners reagieren, wie es Eltern tun würden.

Jason Hutchesons Computer wurde durch den Hal 9000 aus Arthur C. Clarke's Serie: Space Odyssey inspiriert. © Gemeinfrei

Antriebsfeder für Hals Lerneifer ist ein einprogrammiertes Bedürfnis nach positiver Rückmeldung von seinem Betreuer. Die Algorithmen, auf denen sein Verhalten basiert, werden fortwährend erneuert, verändert und ausgestauscht. Doch was dabei in seinem Inneren abläuft, wissen selbst seine Schöpfer nicht genau: „Anstatt ihm zu erklären, wie er die Sprache lernen soll, kriegt Hal es irgendwie selbst heraus. Wir wissen aber eigentlich nicht, wie er das macht“, erklärt Jason Hutcheson.

Auf den Stand eines Kleinkinds

Aber es scheint zu funktionieren. Vorerst kann Hal zwar nur einfache Sätze, bestehend aus wenigen Worten von sich geben – entsprechend der Altersstufe eines 15-monatigen Kindes. Doch dabei soll es ihm immerhin schon gelungen sein, unabhängige Experten in die Irre zu führen. Diese hielten die Dialoge des Maschinchens mit seinem Betreuer für Aufzeichnungen von Gesprächen zwischen einem echten Kleinkind und einem Erwachsenen.

Gelingt es den Betreuern Hals, die Fähigkeiten ihres kleinen Sprachprogramms tatsächlich auf das Niveau eines fünfjährigen Kindes anzuheben, wie sie es vorhaben, könnte ihnen gelingen, wonach die KI-Forschung seit mehr als 50 Jahren sucht: Ein Programm zu finden, das Sprache wirklich lernen und verarbeiten kann, und mit dem eine echte Unterhaltung möglich ist…

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Nadja Podbregar
Stand: 20.05.2002

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Künstliche Intelligenz
Wenn Maschinen zu denken beginnen...

Cyborgs, Androiden & Co.
Utopie oder realistisches Zukunftsszenario?

"Black Box" Gehirn
Dem Denken auf der Spur

Mosaik des Geistes
Was ist Intelligenz?

Ich fühle, also bin ich...
Was ist Bewusstsein?

Mensch oder Maschine?
Der Turing-Test

Ich spreche, also bin ich...
Sprache als Maßstab für Intelligenz?

Abschied von "Deep Blue"
Neue Ansätze in der KI-Forschung

Imitieren statt kopieren
Der "Top-Down"-Ansatz

Kopieren statt imitieren
Der "Bottom-Up" Ansatz

Evolution der Maschinen
Das "Golem"-Projekt

Cyborg 1.0
Erster Schritt zur Mensch-Maschine?

Blinde sehen, Lahme gehen...?
Implantate als neurologischer "Krückstock"

Mehr als nur Prothesen...
Cyborgs als neue Supermenschen?

Androiden als Menschen der Zukunft?
Die Zukunftsvisionen von Moravec und Kurzweil

Maschinen an die Macht...
Realistische Zukunftsprognose, Schreckensvision oder reine Fiction?

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