Forscher des Meteorologischen Instituts der Universität Hamburg und des Max-Planck-Instituts für Meteorologie haben – gestützt auf Messreihen von Satelliten – in den vergangenen Jahren untersucht, wie sich die Aerosol-Fracht über diesen Regionen jeweils auf die Wolkenbildung und damit auf die Strahlungsbilanz der Atmosphäre auswirkt.
Dabei bot sich im Fall des „Schwarzen Dreiecks“ auch die bislang einmalige Gelegenheit eines Vorher-Nachher-Vergleichs. Denn dort war nach 1989 die Belastung der Luft durch Schwefeldioxid und Stickoxide – aus denen sich Sulfat- und Nitrat-Aerosole bilden – sowie durch Ruß und Flugasche binnen weniger Jahre drastisch gesunken. Dieses „Großreinemachen“ kam einem Experiment gleich – und die Forscher unter Leitung von Olaf Krüger und Hartmut Grassl wollten klären, ob und wie sich diese Säuberung auf den regionalen Zustand der Atmosphäre ausgewirkt hat.
„Helle“ Verschmutzung
Dafür boten sich Satelliten-Daten an. Denn von oben lässt sich am zuverlässigsten messen, wie viel Licht von Wolken gestreut und in den Weltraum zurück geworfen wird. Dieses Rückstrahlvermögen (Albedo) ist bei Wolken, die über Gebieten mit hoher Luftverschmutzung liegen, gewöhnlich stärker als bei Wolken über Regionen mit reiner Luft. Denn je mehr Schwebeteilchen in der Luft auftreten, desto mehr und zugleich kleinere Wassertröpfchen entstehen in einer Wolke – und umso stärker streut diese Wolke das von der Sonne einfallende Licht zurück in den Weltraum. Von oben betrachtet erscheinen deshalb Wolken über verschmutzten Gebieten heller als andernorts.
Und so auch die Wolken über dem östlichen Mitteleuropa vor 1989: Das „Schwarze Dreieck“ leuchtete für Satelliten besonders hell. Anders dagegen die Situation unter den Wolken; am Erdboden wurde es infolge der verminderten Sonnenstrahlung dunkler. Das änderte sich allerdings nach 1989, als der Schadstoff-Ausstoß und damit die Aerosol-Pegel über dem „Schwarzen Dreieck“ geradezu schlagartig sanken. Dadurch lichteten sich binnen weniger Jahre auch die Wolken über Mittel- und Osteuropa, das heißt, sie reflektierten weniger Licht in den Weltraum zurück und ließen vermehrt Strahlung zum Erdboden durch.
Forscher prägten damals den Begriff „Gorbatschow-Effekt“: Er hatte zur Folge, dass sich der Strahlungseinfall am Erdboden in Mittel- und Osteuropa nach 1989 um etwa 1,5 Watt pro Quadratmeter verstärkte – und dass der ehedem durch den indirekten Effekt der Aerosole gebremste anthropogene Treibhaus- Effekt seitdem stärker auf Mitteleuropa durchschlägt.
Stand: 08.04.2005