Medizin

Meeresfrüchtecocktail ohne Meeresfrüchte

Noch mehr Kuriositäten aus dem Supermarktregal

Der Wettkampf zwischen Kontrolleuren und den schwarzen Schafen in der Lebensmittelbranche erinnert an das Märchen vom Hasen und dem Igel. Immer wenn die „Essenswächter“ bestimmte Tricks und Täuschungen bei Produkten aufgedeckt haben, haben die Hersteller längst neue parat. Ein besonderes Ärgernis: Ware, die viel weniger hergibt, als sie dem Konsumenten vorgaukelt.

Garnelen © Frank C. Müller / gemeinfrei

Garnelen aus gepresstem Fischeiweiß

Dazu gehören unter anderem scheinbar hochwertige „Garnelen“, die jedoch lediglich aus billigem gepressten Fischeiweiß bestehen. Auch Wasabi-Erdnüsse mit Algenkonzentrat statt original japanischem Meerrettich, Meeresfrüchtecocktail ohne Meeresfrüchte oder Schoko-Kekse mit minderwertiger Kakao-Creme gehören zu den Kuriositäten im Supermarktregal. Alle diese Lebensmittelimitate sind auf den ersten Blick kaum von erstklassigen Produkten zu unterscheiden. Meist hilft wie beim Kunstkäse nur ein Blick in die Inhaltsangaben der Verpackungen, um den Schwindel zu entlarven – wenn überhaupt.

Dabei sind es nach den Ergebnissen der Verbraucherschützer längst nicht nur Billig-Marken, die ihre Kunden hinters Licht führen wollen. Auch die Käufer teurer Markenware und sogar von Bio-Erzeugnisse sind vor solchen Machenschaften längst nicht mehr gefeit.

Milchprodukte im Supermarkt © Ralf Roletschek / GFDL

Der Schummel mit den Früchten

Ein gutes Beispiel sind Joghurts und Konfitüren, die mit bunten Bildern von saftigen Früchten werben. Viel Frucht, viel Geschmack, viele Vitamine sollen die TV-Spots oder Anzeigen als Botschaft transportieren. Doch von ganzen Kirschen oder Erdbeeren oder echtem Fruchtaroma ist in der Realität nicht mehr viel zu finden, das haben zahlreiche Produkttests gezeigt. Und die rechtlichen Vorgaben sind auch eindeutig: Fruchtjoghurt oder Joghurt mit Früchten muss gerade mal einen Fruchtanteil von mindestens sechs Prozent haben.

Erdbeerernte reicht nicht für Erdbeer-Aroma

Viel mehr ginge auch gar nicht, denn es herrscht akuter Rohstoffmangel. So würde nach Angaben der Umwelt- und Naturschutzorganisation Greenpeace beispielsweise die weltweite Erdbeerernte für die
komplette Aromatisierung sämtlicher Erdbeer-Joghurts gar nicht ausreichen, von Fruchtstücken im Becher ganz zu schweigen.

Stattdessen werden Joghurts und Marmeladen mit so genannten natürlichen, naturidentischen oder künstlichen Aromastoffen angehübscht. „Natürlich“ klingt gut, bedeutet aber nur, dass das Aroma aus „Stoffen pflanzlichen oder tierischen Ursprungs“ stammt, wie es in der entsprechenden EU-Richtlinie aus dem Jahr 1988 heißt.

Himbeeraroma aus Sägespänen

Manchmal müssen dabei auch eher ungewöhnliche natürliche Ausgangsmaterialien für die Aromaproduktion herhalten. „Das Himbeeraroma wird aus Sägespänen hergestellt, genauer gesagt aus Zedernholz“, erläutert der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer in einem Interview mit dem Schweizer „Tagesanzeiger“. „Die Lebensmittelindustrie kriegt jeden Geruch hin. Dazu braucht es nicht einmal ein Quäntchen des Original-Aromas“.

Grundsätzlich jedoch hat Pollmer nichts gegen künstliche Aromen. Ganz im Gegenteil: „Man muss jedoch dazu sagen, dass die Verwendung von Aromen Sinn ergibt, sofern man korrekt deklariert. Würde man das chemisch hergestellte Vanillin verbieten, wäre Vanilleeis teurer als Austern.“

„Bitte ein „Milchmischgetränk mit Aroma Typ Erdbeere“

Die Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) sieht dies naturgemäß ein bisschen anders. Sie fordert, dass künftig angebliche Bestandteile nicht mit Bild oder Namen auf der Verpackung erscheinen dürfen, wenn sie nicht auch wirklich im Produkt enthalten sind. Ein Beispiel. So sollte ein Milchgetränk ohne Erdbeeren oder echtes Erdbeeraroma unter dem Namen „Milchmischgetränk mit Aroma Typ Erdbeere“ im Handel sein und nicht etwa wie bisher als „Milchmischgetränk: Erdbeerdrink“.

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Dieter Lohmann
Stand: 26.11.2010

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

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