8. November 2013. Der Taifun Haiyan rast über die Philippinen hinweg. Mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 270 Kilometern pro Stunde und Böen von bis zu 379 Kilometern pro Stunde mäht der Sturm alles nieder, was ihm in den Weg kommt. Fast 10.000 Menschen sterben. Auch der Übergang vom Ozean über das Land bremst seine Wucht kaum ab – ungewöhnlich für einen Wirbelsturm.
„Haiyan war wahrscheinlich der stärkste Tropensturm, der seit Beginn der Beobachtungen auf Land traf“, erklärt Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Und auch in punkto Luftdruck und Windgeschwindigkeiten gehört Haiyan zu den stärksten seiner Art. Einige seiner Werte sprengten sogar die Messskalen der Meteorologen.
Immer mehr „Rekordstürme“
Bisher galten solche Superstürme eher als Ausnahme: Im 20. Jahrhundert ereignete sich ein Wirbelsturm dieser Intensität nur rund alle 20 Jahre. Doch dies beginnt sich zu ändern: Es häufen sich die Anzeichen dafür, dass Hurrikans und Taifune an Intensität gewinnen. In Ost- und Südostasien ist die Zahl der Wirbelstürme der Kategorien 4 und 5 in den letzten Jahrzehnten bereits um das Doppelte gestiegen, wie Forscher der University of California in San Diego ermittelt haben.
Bei den Taifunen, die von den Philippinen aus nach Nordwesten ziehen, sind die Superstürme sogar viermal häufiger geworden. Von ihnen gibt es heute im Mittel vier pro Jahr statt nur einem wie noch 1977. Für die Küstenbereiche Chinas, Koreas und Japan ist die Bedrohung damit enorm gestiegen. Aber auch in der Karibik und anderen potenziell Wirbelsturm-bedrohten Gebieten hat die Intensität der Stürme zugenommen.
Stärkerer Wind, mehr Regen
Und die Zukunft sieht nicht besser aus: Steigen die Temperaturen um mehr als ein Grad, könnten Hurrikans der Kategorie 5 drei bis vier Mal häufiger vorkommen. „Wenn sich das globale Klima um zwei Grad erwärmt, dann könnte ein Katrina-Sturm sogar jedes zweite Jahr auftreten“, berichtet Aslak Grinsted von der Universität Kopenhagen. Die Häufigkeit solcher Ereignisse würde sich gegenüber heute damit um das Zehnfache erhöhen.
Aber nicht nur das, auch die Begleiterscheinungen der Wirbelstürme verstärken sich durch den Klimawandel: „Etwa extreme Regenfälle, die ein Tropensturm mit sich bringt und die zu Überschwemmungen und Erdrutschen führen“, erklärt Rahmstorf. Der Grund: Wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit speichern. Diese Fracht wiederum entlädt sich dann in sintflutartigen Regenfällen – wie im August 2017 beim Tropensturm Harvey in Texas. „Hinzu kommen Sturmfluten an den Küsten, denn der Meeresspiegel steigt infolge der globalen Erwärmung“, so Rahmstorf.
Zwei „Antreiber“
Was aber sind die Ursachen für diese Verstärkung der Stürme? Wie der Klimaforscher erklärt, sind vor allem zwei Faktoren verantwortlich: Zum einen erwärmen sich die Meere durch den Klimawandel. Dadurch wird die kritische Schwelle von 27 Grad Celsius, die ein Wirbelsturm für seine Entstehung benötigt, häufiger und in mehr Meeresregionen erreicht. Dadurch vergrößern sich die potenziellen „Sturmwiegen“ und gleichzeitig verlängert sich die Wirbelsturm-Saison.
Zum anderen sorgt der Klimawandel dafür, dass die Temperaturdifferenz zwischen der warmen unteren Atmosphäre und der kalten oberen Atmosphäre immer größer wird. Denn die Erdoberfläche erwärmt sich und die darüberliegenden Luftschichten immer mehr, gleichzeitig sorgt der Ozonschwund dafür, dass sich die Stratosphäre weiter abkühlt. „Es ist dieses Temperaturgefälle, aus dem der Sturm seine Energie zieht“, erklärt Rahmstorf. Beide Faktoren zusammen sorgen dafür, dass künftig sowohl die Intensität als auch die Häufigkeit der starken Wirbelstürme zunehmen werden.
Nadja Podbregar
Stand: 01.09.2017