Iris Pigeot würde gerne tiefer graben. Sie ist Direktorin des Leibniz-instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) in Bremen, das es sich zum Ziel gesetzt hat, Anzeichen von Krankheiten und Gesundheitsrisiken zu erkennen. Big Data könnte dabei helfen, etwa wenn es um die Sicherheit von Arzneimitteln geht. Mit den Daten von rund 17 Millionen Versicherten schlummert ein regelrechter Schatz auf den Rechnern des Instituts.
Doch dieses Potenzial darf in Deutschland nicht hinreichend genutzt werden. Denn das Sammeln von Daten im Langzeitverlauf und ohne konkrete Fragestellung ist hierzulande durch den Paragraphen 75 des Sozialgesetzbuchs verboten. „Britische und US-amerikanische Forscher dürfen in ihren Datenbanken routinemäßig nach unerwarteten Zusammenhängen und Datenkonstellationen suchen“, berichtet Pigeot.
Kein Fischen im Trüben
In Deutschland hingegen dürften die Daten nur dann genutzt werden, wenn ein konkreter Verdacht auf einen solchen Zusammenhang bestehe. Zum Schaden der Patienten. „Natürlich müssen die privaten Daten der Bürger wie der Goldschatz von Fort Knox geschützt werden, benutzte Daten dürfen niemals Rückschlüsse auf eine konkrete Person zulassen“, stellt Pigeot klar. Doch Paragraph 75 sei schlicht zu eng gefasst. „Meine Ansicht nach müsste er dringend reformiert werden.“
York Sure-Vetter, Präsident des GESIS – Leibniz Institut für Sozialwissenschaften, teilt diese Kritik: „Wir brauchen einen Zugang zu Big Data für die Wissenschaft.“ Unter Big Data versteht der Informatiker in seiner Forschung neue Datenformen, etwa aus dem Internet und dem Mobilfunk. „Sie sind ein digitaler Spiegel der Gesellschaft, machen für die Menschen relevante Phänomene sichtbar“, erklärt er.
Karl-Heinz Karisch, David Schelp / Leibniz Journal
Stand: 11.07.2014