Wohin mit dem alten Monitor, dem Haartrockner oder dem kaputten Handy? Bislang galt in Deutschland die Faustregel: Kleine Elektrogeräte in die schwarze Tonne werfen und die Großgeräte, wie die „Weiße Ware“ Waschmaschine und Kühlschrank, auf dem städtischen Wertstoffhof abgeben. Für die Entsorgungswirtschaft waren die Geräte jedoch lange die Problemfälle: Die vielen Einzelteile unterschiedlicher Materialien konnten für das Recycling kaum gewinnbringend voneinander getrennt werden, aber bei der Entsorgung als Restmüll wären Schadstoffe und Schwermetalle frei geworden.
Seit März 2006 regelt das Elektronikgerätegesetz (ElektroG) die Entsorgung von E-Schrott. Ähnlich wie bereits bei dem Verpackungsgesetz werden die Hersteller in die Pflicht genommen: Wer Elektrogeräte produziert, muss auch für ihre ökologische Verwertung sorgen. Jedes Unternehmen trägt sich in einem Altgeräte-Register ein, wo es garantiert, für die Entsorgung zu bezahlen. Bei fast 1,1 Millionen Tonnen Elektro-Müll pro Jahr wären das 350 bis 500 Millionen Euro. Der Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie schätzt, dass beispielsweise die Entsorgung eines Kühlschranks 15 Euro oder eines Fernsehers knapp zehn Euro kostet. Daher werden die Hersteller wie auch schon beim Grünen Punkt einen Teil der Kosten an den Endverbraucher weitergeben.
Auch E-Schrott ist wertvoll
Hierzulande von den Herstellern noch als finanzielle Zusatzbelastung gesehen, hat Hewlett-Packard in den USA schon seit Jahren das Recycling ihrer eigenen Geräte vorangetrieben. Im Jahr 2005 sammelte die Firma 95.000 Tonnen ihrer Altgeräte, spendete die reparierte Ware oder nutzte die Altstoffe bei der Produktion neuer Geräte – zur eigenen Kostenersparnis.
Denn in den Gebrauchsgegenständen der elektronischen Welt stecken neben billigem Glas und Kunststoff auch die Edelmetalle Gold, Platin und Silber und knappe Rohstoffe wie Kupfer und Aluminium. Die Marktpreise dafür sind so gut, dass die leicht zugänglichen Einzelteile bei zur Entsorgung bereitgestellten Geräten oft schon heimlich abmontiert wurden, bevor sie die Verwerter erreichen. Vertreter des Bundesverbands der Deutschen Entsorger (BDE) beklagen sich, dass ihre Kostenkalkulation ohne diese Wertstoffe nicht mehr stimme und durch die Beschädigung der Geräte oftmals keine vorgeschriebene Entsorgung mehr möglich ist.
Die größeren Sorgen des BDE gelten jedoch den organisatorischen Problemen. Um kein Entsorgungsmonopol wie beim Grünen Punkt zu schaffen, erlaubt das Elektrogesetz, dass die Hersteller sich ihre Entsorger selbst suchen. Ab dem 24. März haben die privaten Entsorger begonnen die Sammelcontainer der Elektrogeräte bei den Werkstoffhöfen abzuholen. Aufgrund fehlender Absprachen wird der Container jedoch nicht immer zwangsläufig von der Firma geleert, die ihn aufgestellt hat. Container müssen untereinander ausgetauscht, Einzelverträge untereinander geschlossen werden und manchmal wollen zwei Wagen die gleiche Sammelstelle leeren.
Die Entsorger wollen dieses Chaos am liebsten beheben, indem jedem Unternehmen ein fester Bezirk zugewiesen wird. Doch die Regierung wehrt sich gegen die Aufteilung der Arbeitsgebiete, um nicht erneut Monopole zu schaffen. Die einzige Lösung in Augen des BDE sind daher einheitliche Container, um zumindest die ökologischen und ökonomischen Irrfahrten zum Austausch fremder Container zu vermeiden. Die Kosten von über 100 Millionen Euro müssten aber die Hersteller und damit vermutlich die Verbraucher noch zusätzlich tragen. Das Kontrollgremium Stiftung Elektro-Altgeräteregister hält das Chaos für vermeidbare Abstimmungsschwierigkeiten. Mit Strafen von 10.000 Euro will sie nun die Entsorger motivieren ihre Fahrpläne besser zu organisieren.
Zukunftslösungen für kleine und große Probleme
Die mechanischen Probleme bei der Verwertung von Mikrowellen, Fernseher und Taschenrechner sind eventuell kleiner als gedacht. Mit dem neuartigen Verfahren „Haloclean“ hat das Forschungszentrum Karlsruhe eine Möglichkeit entwickelt, Elektronikabfälle bis zu 99 Prozent zu verwerten. Die thermisch-chemische Behandlung kann selbst umweltgefährdende Stoffe wie Kadmium und Flammschutzmittel aus Brom wiederverwerten. Wertvolle Edelmetalle und weitere Metalle werden abgelöst und verkauft, Gase und Ölanteile stofflich verwertet oder zur Energiegewinnung genutzt.
Ohne die technischen Probleme rückt wieder das Transport-Chaos als Nadelöhr der Verwertung in den Mittelpunkt. Zum Ärger der Entsorger hat der Grüne Punkt eventuell eine Lösung für ihr Problem. In Leipzig und Berlin läuft zurzeit das Pilotprojekt „Gelbe Tonne Plus“: Nicht nur Verpackungen mit dem Grünen Punkt, sondern auch andere Metall und Kunststoffreste sowie Elektrogeräte können einfach in die Tonne. Die Sortieranlagen trennen die Werkstoffe wieder voneinander und beginnen mit der Verwertung.
Einen Schritt mehr für die Verwertungsindustrie, bedeutet ein Schritt weniger für den Verbraucher. Die Elektrogeräte müssen nicht mehr bis zum Wertstoffhof gebracht werden und finden daher vielleicht eher ihren Weg in die Gelbe Tonne Plus anstatt in den Keller, den Restmüll oder einfach auf die Straße.
Stand: 09.06.2006